Hans-Christian Dany, Mai 2012

Morgen werde ich Idiot


Ich schreibe aus dem Spital. Der Ort hat sich ergeben. Die Ruhe in einer abgesonderten Welt gefällt mir, da ich hoffe, mich zu erinnern. Am ersten Tag fährt die Reise gegen die Wand. Schuld ist eine Schwester, die sagt, sie hätte etwas Feines und ein elegantes, stecknadelkopfgroßes Kügelchen zwischen ihren Fingern dreht. Dafür müsste ich am Hauptbahnhof richtig viel Geld bezahlen. Sie hat nicht übertrieben. Ich verliere jedes Interesse außer dem am warmen Kribbeln, das von unten durch den Körper zieht. Meiner Begeisterung lasse ich vor der Schwester aber zu freien Lauf, und am nächsten Tag bekomme ich keine Pille mehr. Unter Beobachtung lässt sich die Reise in die Vergangenheit nicht mehr hinauszögern.
Das erste Ziel liegt siebzehn Jahre rückwärts. Es war Sommer, die erste Ausgabe der Zeitschrift springer erschien mitsamt einem Auszug aus den Memoiren von Guy Debord, »Panegyrikus«. Die Situationistische Internationale wurde damals gerade wiederentdeckt, und Hamburg bildete die Keimzelle des Comebacks, weshalb ich mich als ansässiger Korrespondent dieser Zeitschrift für die Folgen der Ausgrabungen zuständig fühlte. Unterm Strich lassen sich meine Artikel an einer Hand abzählen, aber mit keinem anderen Thema handelte ich mir soviel Ärger ein wie mit diesem. Nachhaltig prägte sich meine symbolische Hinrichtung mit einem gestischen Schuss in die Stirn für meine »verantwortungslose« Kritik der S.I.-Ausstellung im Wiener Zwanzger Haus ein.
Es gibt kein Theorem aus der Kunst, das in den letzten 20 Jahren so vielgestaltig aufgegriffen wurde wie die Schriften der S.I. und speziell Guy Debords 1967 erschienene »Die Gesellschaft des Spektakels«. Die Faszination dürfte zu einem Großteil der Rückhaltlosigkeit des Buches ebenso wie der visionären Voraussicht auf die Entwicklung des Kapitalismus geschuldet sein. Mit großer Genauigkeit und einer in ihrer sperrigen Anmaßung schwerlich zu entsorgenden Sprache überdauerte der Text zahllose Umdeutungen: diejenige zum Handbuch für Werber auf der Suche nach den entfremdeten KonsumentInnen, komische Interpretationen in der Kunst, oder das große Missverständnis der Kommunikationsguerilla. Neben seiner verführerischen Kraft, die über Anschlussversuche erhaben scheint, verkörpert das Buch wie kaum ein anderes die Sehnsucht nach Wirksamkeit in einer als ereignislos erlebten Welt – wohl auch, weil dem Text die Aura anhaftet, den Maiaufstand 1968 in Paris ausgelöst zu haben.
Ein Tag im Spital beginnt vor Sonnenaufgang. Auf dem Gang höre ich die Schwestern rumoren. Eine von ihnen singt, »Es gibt kein Leben auf dem Mond, auch wenn er strahlt.« Im Dunkeln taste ich nach dem Radio. Die Nachrichten interessieren mich nicht, ich warte auf die Pressestimmen im Deutschlandfunk. Es ist eines der wenigen Medienformate, von dem ich glaube, an ihm habe sich seit meiner Kindheit fast gar nichts geändert. Mit den beruhigenden Stimmen gleite ich in das Reich moderner Passivität. Das Spital objektiviert mich als Zuschauer. Hier, wo keiner will, dass etwas passiert, werden mir alle Begierden fremd. Ich bin jetzt ein Patient, der seine Langeweile genießt in einer Umgebung höchster Kontrolle.
Während ich Absatz für Absatz aus Debords Theorie des Spektakels auf mein Sein im Spital übertrage und ich mich im perfekten Modell glaube, öffnet sich die Tür. Eine Ärztin betritt das Zimmer. Ihre weiße Uniform ist weit aufgeknöpft, und darunter trägt sie ein T-Shirt, auf dem »Occupy!« steht. Als sie meinen Puls misst, erkenne ich, dass ihr Hemd aus der +J Kollektion von UNQLO stammt, jener letzten Kollektion aus dem vergangenen Herbst, die Jil Sander für die japanische Firma gestaltet hat. Die Ärztin sagt, mein Blutdruck sei okay. Formal finde ich ihr Detournement geglückt, der aggressive Marker ätzt die Buchstaben in das selbstleuchtende Jil-Weiß der Baumwolle, sodass sich ein kleiner fieser grüner Rand abzeichnet. Die negative Aura scheint eine Referenz an das Grün einer älteren Serie von T-Shirts aus dem Maison Martin Margiela, das durch das Bespritzen des Stoffs mit aggressivem Toilettenreiniger erzielt wurde. Aber warum »Occupy!«? Als ob es die Situation retten könnte, frage ich mich, ob die Ärztin das T-Shirt selbst verändert oder customized erworben hat. Ich traue mich aber nicht, die Frage zu stellen. Sie geht wortlos. Ich verstecke mich unter der Decke und lese mit der Taschenlampe bei Debord von der Unzufriedenheit, die zu einer Ware geworden ist. Überhaupt erscheint mir Debord so klar wie nie zuvor. Nur das mit dem Detournement scheint vom Spektakel bis hin zum Spital überholt.
Die Macher der Kampagne »Occupy!« sahen das im letzten Sommer anders. Die Herausgeber der Zeitschrift »Adbusters« wollten nicht mehr nur reden, sondern dass etwas passiert. An die Stelle der großen Schlafes sollte die konkrete Aktion treten. Die AktivistInnen, Veteranen aus dem letzten Jahrhundert, verstanden sich selbst als »StudentInnen der Situationisten«. Einer von ihnen namens Kalle Lasn erklärt die S.I.-Methode des Detournement, um die es sich auch bei Occupy Wall Street handeln soll, als eine Art Judo-Griff der Mittellosen oder eine »Feedback-Schlaufe, die sich selbst zerstört«. Die Kampfsport-Kybernetiker mailten am 17. September 2011den Aufruf, die Wall Street zu besetzen, an 90.000 Freunde, und die Schlaufe nahm ihren Lauf.
Erzeugt wurde eine sich selbst erklärende Marke, die zudem ein perfektes Franchise-Modell lieferte. Im Park, genauer gesagt auf einer rund 3.000 m2 großen Betonfläche, versammelten sich Menschen und gaben dem ganzen einen Körper. Größere Kreise zog die Aktion mithilfe einer von Warner Bros. gut eingeführten Identifikationsfigur, deren anarchischen Hollywood-Charme mit einer bei Amazon zu bestellenden Maske alle aufsetzen konnten, fast so, als ginge es darum, den Witz – du musst einfach nur das T-Shirt tragen – im ganz großen Stil zu erzählen. Die ersten Videoclips der Aktion wirkten in der Dichte des anonymen Gemurmels der sozialen Netzwerke frisch. Zur Netznachricht von den BesetzerInnen des Zuccotti Parks im New Yorker Financial District wurde schnell ein Unterton gewoben, ihre Existenz würde von den großen Medien unterdrückt. Unterdrückung und ihr Schatten, die Verschwörung, bekommen im künstlichen Vibrieren unserer kurzlebigen Maschinen schnell so viel wie Aufmerksamkeit wie Sex.
Rückblickend frage ich mich, worin genau der Nachrichtenwert bestand, dass eine Gruppe von Menschen in einem Park verharrte und die Möglichkeit einer Besetzung von Transportwegen beschwor. Weder wurde die gleichnamige Straße lahmgelegt noch die New Yorker Börse besetzt, geschweige denn der Geldfluss unterbrochen. In gewisser Hinsicht wurde die Nachricht erst durch die Behauptung ihrer Unterdrückung kreiert, was medienstrategisch kein schlechter Schachzug wäre, würde dabei nicht am beliebtesten Legitimationsmythos der sozialen Netzwerke samt der erstaunlichen Mär ihres revolutionären Potenzials weitergesponnen und zusätzlich der seltsame Wunsch beschworen, ins Fernsehen zu kommen. Mag Gil Scott-Heron sein Lied »The Revolution Will Not Be Televised« auch für die schwarze Bevölkerung der USA geschrieben haben, die sich statistisch betrachtet mit 1,6 Prozent kaum an Occupy beteiligte (so die Washington Post vom 26. November 2011), so gilt der Inhalt wohl auch für alle anderen. Sollte sich einmal so etwas wie eine Revolution ereignen, dürfte diese wohl kaum auf YouTube übertragen werden, da sie für die Passivitätsmaschine unsichtbar stattfinden müsste und die Maschine vermutlich bis zum letzte Moment gegen diesen blinden Fleck kämpfen wird. Die Behauptung, soziale Netzwerke in den Händen einiger der am höchsten gehandelten Konzerne der Welt brächten »wahre Demokratie« oder gar Revolution, war überhaupt die ganz große Verblödungs-Kampagne des letzten Jahres. Umgedeutet oder zweckentfremdet werden die Kommunikationsmaschinen dabei auch nicht, denn es wird ja kommuniziert. Angesichts dieser Großkampagne scheint die Frage berechtigt, warum auf den Arabischen Frühling bisher kein Sommer folgte. Sollte es sich wirklich um eine Revolution gehandelt haben, würde diese wohl kaum von der politischen Klasse gefeiert werden, die nach der Neutralisierung der politischen Sphäre nur noch die Erschließung neuer Märkte erkennen kann. Und auch die von »Adbusters« angestrebte Übertragung des Tahrir-Platzes auf US-amerikanische Verhältnisse funktioniert letztlich nur auf der Ebene des Slogans, obwohl ein amerikanischer Frühling sicher neue Märkte erschließen würde.
Bevor Occupy ins Fernsehen kam war es attraktiver im Format des sozialen Netzwerks zu betrachten, das immer noch ein wenig das Gefühl gibt, etwas selber zu entdecken. In dieser Umgebung, wo es wenig zu verstehen gibt, weil alles wie ein Missverständnis wirkt, wurde großzügig übersehen, das Judith Butler ihr eigenes Manifest nicht zu glauben schien und es vom Smartphone ablesen musste. Slavoj Zizek wiederum performte fuchsmunter, was er immer performt, diesmal durch das menschliche Mikrofon. Aber es gehört schon ziemlich viel Chuzpe dazu, den Narzissmus seiner ZuhörerInnen zu bedienen, indem man behauptet, zwei Jahre nach der Finanzkrise könne man hier nun erkennen, dass das »System« seine »Legitimation« verloren habe. Verwundert fragte ich mich, wann das »System« denn wohl eine Legitimation gehabt haben mag: Bei der Erklärung des »War Against Terror«, nach dem Mauerfall, im Vietnamkrieg, oder wann genau? Aber der zum Medium umgewidmete Resonanzkörper wiegte sich in der bedeutenden Gegenwart seines historischen Moments.
Die virtuelle Bewegung mit dem besetzenden Stillstand des öffentlichen Raumes zu vertauschen scheint im ersten Moment folgerichtig, ergibt aber ein viel zu rundes Bild. Aufbegehren kann kein Bild sein in einer Wirklichkeit, in der alle Horizonte mit Bildern verklebt sind. Als Occupy nach Hamburg kam, versammelten sich zusammenhanglose Pärchen, denen die Angst um ihre Ersparnisse ins Gesicht geschrieben stand. Wirklich begeistern konnte sich aus meinem Umfeld für die Occupy-Filiale niemand. Nur meine Mutter, die Demonstrationen ansonsten schrecklich findet, gefiel, wie sauber und ordentlich das Besetzer-Camp vor der HSH-Bank organisiert wurde. Die Zielgruppe von Occupy scheint eine sich als gebeutelt wahrnehmende Mittelschicht zu sein, die irgendwie sauer ist, aber keine wirkliche Veränderung der Verhältnisse will, sondern einer als lebenswerter erinnerten Vergangenheit nachhängt.
Ausufernd wird von Occupy in den USA mit wohlmeinender, schnell einmal allzu menschlicher Zunge der alte amerikanische Geist beschworen. In Europa einigten sich die Gefühlsströmungen auf die Tradition der französischen Resistance, bis selbst die Schaufensterpuppen im Modegeschäft Park in der Wiener Mondscheingasse das zum Schwarz der Boutique-Auslage passende Buch von Stéphane Hessel, »Engagiert euch!«, in Händen hielten. Die Parole »Wir sind die 99 Prozent« macht das Unbehagen nicht nur verhandelbar, sondern hat in seinem entgrenzten Populismus auch etwas Einschließendes, das alle Unterschiede im Nebel verschwinden lässt. Die Zahl 99 erzeugt dabei den kognitiven Steuerungs-Effekt der Kommensuration, der qualitative Unterscheidungen in deren quantitave Wahrnehmung überführt. Alle sind irgendwie unzufrieden und wollen Demokratie, selbst wenn es sich bei ihr längst um einen Zombie handelt, der aber immer noch ausreichend Gewinner am Leben lässt.
Auch die Finanzierung von Occupy bestätigt die Annahme, es gäbe hier eine klassenspezifische Interessenlage. Der typischen Spender für Occupy bezieht ein Jahreseinkommen von zwischen 50.000 und 100.000 Dollar (vgl. Christian Science Monitor, 1. November 2011). Warum mag die gehobene Mittelschicht Occupy? Vielleicht, weil Beruhigung selten so gut aussah? Occupy sieht sich selbst auch gern als Teil eines bürgerlichen Protestes, welcher sich der »Werte derer bedient, die die Gesellschaft tragen«, um nicht mit »frustrierten Obdachlosen« verwechselt zu werden, wie der Occupy-Chronist Mark Greif erklärt (vgl. Opak #11, 2012).
Das Klammern an eine unsicher oder »prekär« gewordene bürgerliche Existenz zeichnet sich auch in anderen Ökonomien der Bewegung ab. Wie allerorts, wo derzeit auf den Inseln des Wohlstands politischer Aktivismus oder die öffentlichkeitswirksame Empörung erprobt wird, erscheinen wenige Monate später die Bücher der, wie immer wieder betont wir, ganz schlauen Köpfe dahinter. Im Performance-Kapitalismus jeder etwas darzustellen, und in unsicheren Zeiten muss das symbolische Kapital schneller abgeschöpft werden, da es höchster Inflation ausgesetzt ist. In der Aufmerksamkeitsblase von Occupy schweben nun die Titel in die Läden. Das Gros der spannenderen Texte in den Sammelbänden oder Magazinen stammt dabei von Frauen, während die Bücher meist von Männern geschrieben wurden. Auch sind es Autorinnen wie Onnesha Roychoudhuri, Marina Sitrin und Astra Taylor, die sich um einen veränderten Sprachgebrauch bemühen, während die Herren eher um ihre individuelle Anschlussfähigkeit bemüht wirken. Kokettiert die Bewegung immer wieder mit der radikalen Infragestellung der Verhältnisse, ist die Mehrheit der Texte eher mit Reform und Reparatur beschäftigt. Demokratie müsste wieder »echt, direkt und partizipatorisch«, das Geld wieder etwas gerechter verteilt, die Banken reformiert und »unsere« Wirtschaft wieder »produktiver und gesünder« (Joseph E. Stiglitz) werden.
In dem bei Suhrkamp erschienen Band »Occupy! Die ersten Wochen in New York« haben die Herausgeber – eine Gruppe aktivistischer Autoren aus dem Umfeld des Magazins n+1, die vergangenen Herbst die Flugschrift »Occupy! An OWS-Inspired Gazette« publizierten – an die Stelle eines Schlussworts einige Vorschläge gestellt, die staunen lassen. Zwei Seiten sind schnell gefüllt mit Forderungen nach kostenlosen Fahrrädern, Kindertagesstätten rund um die Uhr oder dem Verbot von Autos, die mehr als sechs Liter verbrauchen. Radikale Höhepunkte formulieren sich als Reichensteuer oder in der Verstaatlichung der Banken. Löbliche Vorschläge die sich beim Beschwerdemanagement in die Schlange stellen, um dann mehr oder minder freundlich angehört und nassforsch kanalisiert zu werden. Was sich als Kritik behauptet, stabilisiert die bestehenden Verhältnisse, indem es durch die Illusion einer demokratischen Verhandlung die faktische Steuerung durch wirtschaftliche Notwendigkeiten weich zeichnet. In der postpolitischen Einheitswelt, deren heutige Totalität Debord vor bald 50 Jahren prognostizierte, hat Kritik längst ihre Wirksamkeit verloren. Auch lässt sich kaum noch ein Bild von der Misere machen. So verkehrt sich die Intention einer Struktur wie dem tumblr »We are the 99%«, der meint, das Elend abzubilden, bald in eine konsumierbare Verträglichkeit. In einer pornografischen Umgebung totaler Sichtbarkeit berührt fast nur noch, was als unsichtbar Bleibendes die Vorstellungskraft angreift, während die systematisch traumatisierte Retina das Speerfeuer visuellen Schrecken in den langen Fluss der Gleichgültigkeit entsorgt.
Der verbindliche Populismus und die Bereitschaft zur verbalen wie visuellen Kommunikation von Occupy haben in ihrer Anschlussfähigkeit rein gar nichts mehr mit der S.I. zu tun, der es immer um die Negation aller Werte, die radikale wie verführerische Verweigerung, den Aufstand und die Revolution ging. Es scheint aber auch falsch, sich über das Milde des Aufbegehrens – für das Occupy nur ein Beispiel ist – zu mokieren und der heiligen Kühe vergangener Tage zu huldigen. Auch wäre es albern und zynisch zu behaupten, man würde sich außerhalb der allgemeinen Klimas aus Angst, Müdigkeit und vorauseilendem Pragmatismus bewegen. An der verschüchterten Radikalität der aktuellen Gegenbewegungen zeichnet sich die brutale Verwüstung ab, welche die enthemmte Expansion der kapitalistischen Maschine in den letzten Jahren an Menschen und ihren Möglichkeiten zu sehen, zu denken, aufrecht zu gehen oder zu einer Sprache zu kommen, hinterlassen hat.
Ob das Verschüttete freigelegt werden kann, ist eine der Fragen, die derzeit schwer zu beantworten sind. Oder geht es gar nicht mehr darum, irgendetwas aus den Ruinen zu bergen, sondern sich von ihnen zu verabschieden? Müsste eine Unterbrechung, die sich nicht sofort wieder in den rhetorischen Ornamenten der Kommunikation auflöst, nicht anders ticken als alles Gekannte, das sein Vorsatz gar nicht mehr erkannt werden würde? Liegt in der unscharfen Geschichtsvergessenheit der Gegenwart vielleicht eine Möglichkeit der Unterbrechung? Wäre es nicht das beste, Debord, Marx und all die anderen bleibenden Werte, oder wie man es nennen soll, aus dem Gedächtnis zu löschen? Allen Ballast und jedes Wissen abwerfen, um mich als schwereloser Idiot, der gar nichts versteht und auch nicht verstanden werden will, in die Wirklichkeit zu setzen. Ein blödsinniges, stumpfes, gedächtnisloses, kleines Monster, am besten kugelrund, das alle Kommunikationsangebote mit Sprachlosigkeit und Schwachsinn erwidert, nicht einmal die Knöpfe drückt, die ihm angeboten werden, sondern unberechenbar in exzentrischen Kreisen durch die Gegend ballert.
Es klopft, ohne eine Antwort abzuwarten, öffnet sich die Tür, und die Nachschwester tritt ein und teilt mit, ich müsste morgen nachhause, da gäbe es keinen Verhandlungsspielraum mehr. Während ich meine Tasche packe, formt das Glitzern der Lichter vor dem Fenster eine mir unbekannte Galaxie. Es fühlt sich ein bisschen traurig an, jetzt zu gehen, es gefiel mir im Spital. Aber ich habe einen Plan – morgen werde ich Idiot.