Hans Renggli

Masse und Kraft


In den Bildern des Malers Patrick Rohner folgen Dichte und Intensität auf exzessiven Farbgebrauch. Galerie Mark Müller Zürich. Bis 26. Oktober

In der Kunstszene triumphieren die technischen Medien. Deshalb fühlt sich der Glarner Künstler Patrick Rohner noch lange nicht als Saurier. Er malt nicht nur, er tut dies auch ganz ohne Schwäche-Zeichen. Dabei beschäftigt ihn das ganz Herkömmliche der Malerei: Er appliziert Ölfarbe auf einen rechteckigen Träger. Seine Bilder mit dem lapidaren Titel "Öl auf Hartfaserplatte" haben buchstäbliches Gewicht. Sie wiegen von sechzig bis zu mehrereren hundert Kilo, wobei ein schöner Teil als reines Farbgewicht zu Buche schlägt. Das Gewicht des Materials erzeugt aber auch ein Gewicht der Aussage, die zunächst den Körper des Betrachters anspringt und in einen Zwiespalt zwischen Ekel und Verführung stürzt. Schön sind die Bilder nicht, auch Form scheinen sie kaum zu haben. Aber Kraft ist unzweifelbar da, gebündelte Kraft, und man fragt sich irritiert, woher die nur kommt.

Rohners exzessive Zurschaustellung schmieriger, vergrauter, verschorfter und verschrumpelter Farbhaut provoziert jeden aufs Feine konditionerten Sehsinn. Und auch der Geruchsinn wird nicht geschont. Der schwere Farbgeruch der Bilder ist durchdringend, die Farbschichtung so massiv, dass sie zum Trocknen Jahre braucht.
Die strategische Stossrichtung hinter Rohners radikalisierten Malerei lässt sich unschwer lesen: Nur dann hat Malerei in der Konkurrenz mit den Medien eine Chance, wenn sie bezüglich dem, was sie ist, entschieden dick aufträgt. Sie kann nur gewinnen, wenn sie an ihre Grenzen geht.

Aber nicht nur mit dem Farbmaterial ergründet Rohner reflektiert und methodisch Extremzonen. Den gleichen Forschergeist wendet er auch auf die Form an, über die sich dann auch Inhalte ergeben. So wecken Rohners Bilder beim längeren Betrachten Empfindungen, die ähnlich auch in der Natur aufkommen. Man erkennt Texturen, Strukturen, Muster, die jenen ähneln, die das wache Auge in den Eingeweiden der Landschaft entdeckt, etwa im Waldboden oder als Formation auf der Öberfläche eines Steins. Diese Verwandschaft ist freilich alles andere als das Resultat eines abbildenden Naturstudiums. Sie ergibt sich vielmehr aus Rohners konzeptueller Technik, mit der er Farbe und Farbkörper auf der Malfläche organisiert. Zufall und Intuition bringt er dabei gleichermassen ins Spiel. So berabeitet er immer viele Bilder gleichzeitig und lässt die Farbmaterie, zum Beispiel durch Gegegeneinanderpressen der Malflächen, zwischen den Trägerplatten zirkulieren.