ebene e - Kunst zum Steinerweichen

Zehn Tage lang mischt sich ebene e an der Heuwaage ein in die ebene a-d. Die steht für Alltag, Beeilung, Cerknirschung und Defizit (im Bereich e). e übertüncht nicht, sondern interferiert. Ins alte Alphabet der Heuwaage führt ebene e neue Texte ein und macht mit der Sprache der Kunst Subtexte und Intertexte lesbar. Nicht selbstzentrierte Skulptursetzung ist das Ziel, sondern warme Zerstreuung (e -> u) und interaktives Denk mal.

Mit welcher Haltung nähert sich die Kunst heute einem Ort? Schon länger thront sie nicht mehr skulptural auf Sockeln. An der Heuwaage als städtischem Durchgangs- und Kreuzungspunkt installiert sich ebene e ein paar Tage lang als Durchlauferhitzer und Katalysator. Die Energie des Orts wird verändert, aus einem Zustand wird er in ein Ereignis verwandelt. Das Ensemble von Architektur und Strasse infiltriert die Kunst mit ihren Viren, ihr Medium ist Massage. Hartnäckig lächelnd verführt sie starre Stellen dazu, ihre Fassung zu verlieren. Was sich örtlich an Installationen und Intervention ablagert, bleibt Weichteil und flüchtig. Nur kurz setzt sich hier Kunst durch und kreuzt sich mit Alltag.

Die Heuwaage wird bespielt. Dieser Begriff aus dem Theaterjargon verknüpft den Ort mit auf ihn bezogener Handlung. Die jüngere bildende Kunst hat Strategien und Mittel entwickelt, Ort und Publikum selbst zur Vorführung zu bringen. Die Bühne ist nicht Sockel für das Spiel, sondern Spielmotiv. Und der Betrachter ist nicht Passagier der Schau, sondern Kopilot. Vom Harten, vom Werk und Objekt wird das Interesse verlagert auf Subjekte und Aktion. Da geht es gar nicht so sehr um den spezifischen Ort. Eher geht es um Menschen und Lebensart. Der harte Ort wird mit Leben aufgeweicht, Bar, Party, Essen und viel Musik gehören zu den Agentien der Attacke. Hier soll nicht nur der Ort, sondern sollen auch die Menschen in Betrieb gesetzt werden, denn auch sie sind zuerst mal hart. Man will ihre Sinne und Gedanken anwerfen, wie das die Kunst immer wollte. Doch ganz beiläufig unverkrampft erinnert ebene e auch daran, dass erst das Fressen kommt, dann die Moral. Die Leistungsschau in Kunst und Alltag (ebene a) wird versuchsweise abgelöst durch ein integriertes Lebens- und Kunstmodell. Primäres Ziel ist die Erregung öffentlichen Lebens: Feier und Einsicht, Ekstase und Debatte, klügeln, klüngeln und Flirt. Reinhard Storz