Giaco Schiesser


Welche Informationsgesellschaft für das 21. Jahrhundert? (1996)

1 Vorwort

2 Arbeit


2.1
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.1.5
2.1.5.1
2.1.5.2
2.1.5.3
2.1.5.4
2.1.5.5
2.1.6
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.2.1
2.2.2.2
2.2.2.3
2.2.3
2.2.3.1
2.2.3.2
2.2.3.3
2.2.4

Die quantitive Frage: Jobknüller oder Jobkiller?
OECD-Länder
USA
Europa
Einzelne Länder (Deutschland, Frankreich)
Schweiz
PTT
Telekom
Banken
Druck- und Verlagswesen (Grafische Industrie)
Multimedia-Dienste
Schlussfolgerungen
Qualitative Auswirkungen: "Telearbeit" und die Folgen
Definition "Telearbeit"
Auswirkungen der Telearbeit auf die Arbeit
Arbeitsplatz
Arbeitszeit
Arbeitsverträge
Auswirkungen der Telearbeit auf die Gesellschaft
Der arbeitsintensive Privatbereich
Steueraufkommen -Notwendigkeit einer Bit-Steuer
Bildung - der Rohstoff der Informationsgesellschaft
Zusammenfassung

3 Demokratie


3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
Zwei Diskursmuster - Ende oder Anfang der Demokratie?
Erwartungen und Befürchtungen
Fragen statt schnelle Antworten
Ein Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert
Zusammenfassung


4 Der Staat - Reinventing Government?



5 Bibliographie


6 Annex: Prognosen, Perspektiven und Erwartungen zum Multimedia-Markt (1994-2000)





1

Vorwort


Gefordert ist eine kritische Ergänzung des ersten Teils der Studie Electronic Markets in Switzerland. Eine solche kann sich aus der Sicht eines Kulturwissenschaftlers nicht auf den Gegenstand der elektronischen Märkte beschränken, sie hat diese in einem weiteren Rahmen zu sehen und zu verorten. Dieser Rahmen ist der Prozess des "Übergangs der Industriegesellschaft in die Informationsgesellschaft" (vgl. Introduction, S. 1). Die Informationsgesellschaft - je nach politischem oder wissenschaftsmethodischem Blickwinkel auch "multimediale Gesellschaft", "Postinformationszeitalter", "CyberModerne" oder "High-Tech-Kapitalismus" genannt - ist gekennzeichnet durch das Zusammenwachsen von Informatik und Telekommunikation zur multimedialen Telekommunikation (Telematik), die den weltweiten Austausch von Texten, Tönen und Bildern ermöglicht.

Dieser Prozesses wird, soviel steht heute bereits fest, das gesamte Gefüge der Gesellschaft - Ökonomie, Politik, Kultur - transformieren. Eine kulturwissenschaftliche Betrachtung der Informationsgesellschaft hat deshalb den Umwandlungsprozess aller Gesellschaftsbereiche und deren Interdependenzen ins Auge zu fassen.

Die Stossrichtung der folgenden Überlegungen gibt die bisher fehlende politische und gesellschaftliche Diskussion um die Informationsgesellschaft in der Schweiz vor.

Im folgenden werden einige Überlegungen vorgetragen und einige Denkanstösse gegeben zu den problematischen Auswirkungen der Informationgesellschaft




  • auf die Arbeit (quantitativ und qualitativ),
    auf die Demokratie und
    auf die Rolle, die dem Staat in diesem Prozess zukommen soll.

    Die fehlende politische Diskussion und die mangelnde Datenlage zum Thema Arbeit ist nicht ohne Auswirkungen auf die Präsentationsform des Textes geblieben. Die zitierenden Passagen, der umfangreiche Anmerkungsapparat und die ausführliche Bibliographie sollen im Falle der internationalen Diskussion Hinweise und Lust auf vertiefende Lektüre schaffen, im Falle der Literatur aus der Schweiz ging es auch darum, die nur verstreut und/oder nur schwer zugänglichen Texte für die notwendige weitere Arbeit an einem Ort verfügbar zu machen.


    2

    Arbeit

      "It is indeed possible to overcome the unemployment crisis in Europe if governments and social partners show the will to co-operate. European governments should coordinate their economic policies to ensure that annual economic growth rates of 3 per cent - 4 per cent a year are sustained. This would allow employment to expand about 1 per cent a year and unemployment to fall by 1 percentage point per year."
    Report of the Kreisky Commission on Employment Issues in Europe, 1989


    1996 muten die Aussagen der Kreisky-Kommission, die ihre Hoffnung auf das Potential der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) setzte, hoffnungslos überholt an. Dennoch ist die Halbierung der Arbeitslosenzahl bis zum Jahr 2000 nach wie vor das erklärte Ziel der Europäischen Union (EU). Keiner der erwähnten Punkte der Kreisky-Kommission hat sich erfüllt, das Wachstum blieb in den vergangenen sechs Jahren deutlich unter den 3,5 bis 4 Prozent, der eine Sozialpartner war nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten nur wenig gewillt, mit der Regierung und dem anderen Sozialpartner zu "kooperieren" und die Arbeitslosigkeit bewegte sich Anfang 1996 mit 18 Millionen (10,6 Prozent) auf der gleichen Höhe wie 1989, als der Kreisky-Bericht erschien. Hätten sich die Voraussagen der unabhängigen Kreisky-Kommission erfüllt, hätte die EU 1996 noch rund 9 Millionen Arbeitslose. Die Arbeitslosigkeit wird laut neuesten Einschätzungen der Europäischen Kommission voraussichtlich auch 1996 und 1997 bei rund 18 Millionen Arbeitslosen und rund 53 Millionen Armen in der EU verharren (vgl. de Brie 1996, S. 12; Bouchet 1996, S.10). Die Hoffnungen, die in die neuen IKT als Lösung für das Beschäftigungsproblem auch heute noch gesetzt werden, erstaunen auch deshalb, weil bereits vor zehn Jahren klar geworden war, dass die neuen IKT (die heute die Grundlage der Informationsgesellschaft bilden), das Arbeitsplatzproblem nicht zu lösen vermögen. So führte die erste, grossangelegte Arbeitsmarktstudie in der BRD (verfasst vom deutschen "Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung" und der Basler Prognos AG) bereits Mitte der achtziger Jahre zur Erkenntnis, dass, "selbst bei arbeitsmarktpolitisch günstigsten Bedingungen, in den 90er Jahren mit einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit zu rechnen ist" (Zimmermann/Zimmermann 1988, S. 80). Und die ebenfalls Mitte der achtziger Jahre veröffentlichte Untersuchung der bundesdeutschen Enquête-Kommission "Neue Informations- und Kommunikationstechniken" kam zum Schlusss, "dass die These, durch eine gezielte Förderung der neuen I+K-Techniken könne die Beschäftigungskrise gelöst werden, nicht haltbar ist" (ebd., S. 82).

    2.1 Die quantitive Frage: Jobknüller oder Jobkiller?

    "Jobkiller oder Jobknüller?" hiess damals die Frage, um die gestritten wurde, und sie ist auch 1996 die Formel, auf die sich die äusserst konträren Meinungen zu den quantitativen Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Arbeitsplatzsituation bringen lassen. Dabei fällt auf, dass es bisher weder in der Schweiz , noch in der EU und deren Mitgliedstaaten wissenschaftlich abgesicherte Studien zum Zusammenhang IKT und den Arbeitsplatzverlusten und -gewinnen in der Informationsgesellschaft gibt. Die meisten Aussagen gründen auf Hochrechnungen, auf Statistiken zu oder Beobachtungen in einzelnen Branchen. Zum Teil sind es auch (wagemutige) Prognosen und von Erwartungen, Hoffnungen oder Schwarzmalerei geprägtes Wunschdenken bzw. Befürchtungen.

    Dieser Situation Rechnung tragend werden im folgenden - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - einige Einschätzungen referiert, die a) in der europäischen und, soweit vorhanden, in der schweizerischen Diskusson eine Rolle spielen oder b) quantitative Angaben zum Arbeitsplatzabbau / Arbeitsplatzgewinn zu einzelnen Sektoren in der Schweiz beinhalten. Angesichts der heutigen Datenlage ist es ein Ziel dieses Kapitels, die internationale Debatte und die nur verstreut vorliegenden und zum Teil schwer zugänglichen Einschätzungen und Prognosen zu einzelnen Arbeitsbereichen in der Schweiz zusammenzutragen und für die weitere Diskussion verfügbar zu machen.

    Für eine Auswertung lassen sich die vorliegenden Informationen nach ihrer Quelle unterscheiden: Wissenschaft, staatliche Stellen (einzelne Länder, EU), Parteien, Gewerkschaften,Verbände, Unternehmensberatungsfirmen und Multimedia-Industrie.

    2.1.1 OECD-Länder

    In der bisher umfassendsten, im Februar 1996 erschienen Studie, in welcher der Zusammenhang von IKT und Beschäftigung analysiert wird, hält die OECD rückblickend noch einmal fest, dass von Anfang der sechziger bis Anfang der neunziger Jahre eine umwälzende Verschiebung von Arbeitsplätzen vom industriellen Sektor in den Dienstleistungssektor stattgefunden hat. In dieser Zeit wuchs die Nettobeschäftigung, wenn auch die Zuwachsraten von 2 Prozent (1960) auf 0,5 Prozent Anfang der neunziger Jahre sanken. (OECD, S.4, 9) In Arbeitsplatzzahlen ausgedrückt: Zwischen 1960 und1992 wurden in der EU 3 Millionen neue Arbeitsplätze im privaten und 7 Millionen im öffentlichen, in den USA 32,8 Millionen Arbeitsplätze im privaten und 6 Millionen im öffentlichen Sektor geschaffen. (Simai 1996, II, S. 6) Erstmals veröffentlicht wird in diesem OECD-Bericht, dass "since the early 1990s however, high technology industries have also lost jobs" (ebd., S. 9).

    2.1.2 USA

    Die wahrscheinlich differenziertesten Hochrechnungen zur Veränderung der Arbeitsplatzsituation durch die IKT stammen aus den USA. In einem detaillierten Computermodell des Institute for Economic Analysis (IEA) für die us-amerikanische Entwicklung, das den Zeitraum von 1963 bis 2000 umfasst, prognostizierten die Verfasser Ende der achtziger Jahre eine rasche Abnahme der Bürokräfte, der gelernten und ungelernten AbeiterInnen, der FacharbeiterInnen und einen steilen Anstieg der Nachfrage nach AkademikerInnen, insbesondere IngenieurInnen (darunter ComputerspezialistInnen und LehrerInnen). In allen durchgespielten Szenarien errechneten sie einen Mangel an ausgebildeten Fachkräften, der das Wirtschaftswachstum in Zukunft bremsen wird. (Zit. n. Kurzweil 1993, S. 426f.)

    2.1.3 Europa

    Aufgrund ihres ökonomischen Optimismus hat es die EU bisher versäumt, die Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Beschäftigung zu analysieren. Von den beiden Grunddokumenten der EU zur Informationsgesellschaft übernimmt der einflussreiche Bangeman-Bericht von 1994 explizit die im zweiten Grunddokument, dem Weissbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung (vgl. Weissbuch 1994) geäusserte "Überzeugung, ,dass das enorme Potential, das für neue Dienstleistungen sowohl im Zusammenhang mit Produktion als auch mit dem Konsum sowie im kulturellen und Freizeitbereich besteht, die Schaffung neuer Arbeitsplätze ermöglichen wird'" (Bangemann-Bericht 1994, S. 4). Diese "Überzeugung" wird allerdings weder im Weissbuch noch im Bangemann-Bericht weiter begründet.

    Die bisher einzige Veröffentlichung der EU, die auf das Thema IKT und deren Folgen für die Beschäftigung umfassend eingeht, ist die Broschüre einer "Gruppe unabhängiger Experten" mit dem Titel Eine europäische Informationsgesellschaft für uns alle (Informationsgesellschaft 1996) . Ziel dieser unabhägigenGruppe ist zu untersuchen, wie sich die IKT auf die gesamte Gesellschaft auswirken. Die besorgten bis pessimistischen Töne, die diesen gesamtgesellschaftlich ausgerichteten Bericht in den Kapiteln zur Beschäftigung durchziehen, kontrastieren stark mit dem Optimismus des Bangemann-Berichts und des Weissbuches. Auch wenn darin "nicht unbedingt" die Realisierbarkeit der Vorschläge des Weissbuches zur Erhöhung der Beschäftigungsintensität in der EU "mit dem Ziel einer Senkung der Arbeitslosigkeit um 50% bis zum Ende des Jahrzehnts in Frage gestellt werden" soll (Informationsgesellschaft 1996, S.7). Wenn aber die VerfasserInnen unmittelbar anschliessend äussern, dass "zumindest auf kurze Sicht die Sorge um die ,kreative Zerstörungwirkung' der IKT auf die Arbeitsplätze im Dienstleistungsgewerbe", in dem zwei Drittel der EU-Beschäftigten tätig sind, "gerechtfertigt" ist (Informationsgesellschaft 1996, S. 7), gestehen sie zumindest implizit und als erstes EU-Gremium überhaupt ein, dass das Delors- und Bangemann-Szenario bis zum Jahr 2000 nicht zu realisieren ist.

    Den "grössten Anlass zur Besorgnis" geben der ExpertInnenkommission, die keine Zahlen nennt, nicht die Arbeitsplätze im privaten Dienstleistungssektor, sondern "die Auswirkungen auf die Beschäftigung im öffentlichen Dienst. (...) Im Zusammenhang mit vielen Arbeitsplätzen, die der Rationalisierung zum Opfer fallen könnten, wird es daher wohl erhebliche Übergangs- und Anpassungsproblemen geben" (ebd.). Konkrete Angaben für einen Dienstleistungsbereich macht eine andere EU-Kommission, das Information Society Forum. Es schätzt, dass in der EU in der Telekommunikationsbranche 250'000 bis 300'000 Arbeitsplätze verloren gehen werden (Forum 1996, Annex Working Group 1). Im übrigen mahnt die Gruppe hochrangiger Experten dringend Konzepte zur Erfassung und Analyse von Daten an, die zuverlässige Aussagen über die strukturellen Veränderungen des Dienstleistungsbereiches ermöglichen. "Nur auf Grund solcher ausführlicher Angaben können geeignete Massnahmen für die Förderung beschäftigungsintensiver Dienstleistungen entwickelt werden." (Informationsgesellschaft 1996., S. 7f )

    Was die Konzepte zum Abbau der Arbeitslosigkeit in den europäischen Ländern betrifft, gelten für die EU, wie erwähnt, offiziell nach wie vor die Zielvorgaben des Weissbuches. Dieses geht von folgendem Szenario bis zum Jahr 2000 aus (vgl. Weissbuch 1994, S. 62f.): Die Zahl der Erwerbspersonen steigt pro Jahr um 0,3 Prozent, die Erwerbsquote um 0,2 Prozent. Bis 2000 wären dann 5 Mio. neue Arbeitsplätze nötig, um die Arbeitslosigkeit auf dem derzeitigen Stand von 11 Prozent zu halten. Innerhalb von sechs Jahren sollen in der EU bis zum Jahr 2'000 15 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen und die Arbeitslosigkeit damit auf 5 bis 6 Prozent halbiert werden. Es ist dies ein Szenario, das das Hauptziel der Kreisky-Kommission von 1989 übernimmt. Seine Realisierung wird nicht nur von der genannten EU-Kommission angezweifelt. Ein Vergleich mit der Entwicklung der letzten zwanzig Jahre, "in denen in der Gemeinschaft netto gerade mal 8,8 Millionen Arbeitsplätze geschaffen wurden (..) macht deutlich, dass das (...) Weissbuch in erster Linie einen politisch programmatischen Charakter besitzt und keine wissenschaftliche Analyse darstellt" (König 1994a, S. 10), kritisiert auch die deutsche Wirtschaftswissenschaft dieses Szenario in einer umfassenden Stellungnahme.

    Aus Sicht der Unternehmensberatung sieht Tom Sommerlatte vom deutschen Büro der renommierten us-amerikanischen Unternehmensberatungsfirma Arthur D. Little die Arbeitplatzperspektiven optimistischer. Auf dem vom Bonner Bundesinnenministerium im November 1994 veranstalten Kongress "Neue Märkte dank Multimedia" (Neue Märkte 1995) sah er in Europa bei einem Gesamtarbeitspotential von rund 140 Mio. Arbeitsplätzen in den nächsten Jahren 10 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen: 5 Mio. durch Arbeitsplatz-Neugestaltung und Tele-Commuting / Teleworking, 3 Mio. in der Medienindustrie und 2 Mio. im Dienstleistungssektor. (Sommerlatte 1995, S. 22)

    Weit auseinander gehen die Meinungen zu den Arbeitsplatzperspektiven unter den Multimedia-Entwickler und -Anbieter. So gab sich einerseits auf der von der Deutschen Bank im Sommer 1995 veranstalteten Tagung "Multimedia - eine revolutionäre Herausforderung" Telecom-Deutschland-Vorstandsmitglied Hagen Hultzsch zur Frage nach neuen Arbeitsplätzen zurückhaltend, Philips-Direktor Adrian Baan äusserte sich sogar skeptisch, ohne dass allerdings einer von beiden genauere Zahlen nennen mochte (vgl. Süddeutsche Zeitung, 21.6.95). Auf der anderen Seite interessiert im Extremfall die Frage nach Arbeitsplätzen nicht. "Es geht um etwas sehr Simples: Es geht um die Gigabites, die den Consumer erreichen sollen und um die Gigadollars, die dafür verdient werden können." (Fluhrer 1995, S. 252) Diese Sicht von Helmut Fluhrer aus dem Münchener Burda-Haus, gibt, zumindest heute, die Mainstream-Stimmung des Multimedia-Business wieder .

    2.1.4 Einzelne Länder (Deutschland, Frankreich)

    Auch unter Wissenschaftlern differieren die Einschätzungen. Der Hamburger Medienwissenschaftler Knut Hickethier zum Beispiel hält die Rede von der "Wachstumsbranche" Medien für die "grandioseste Diskurserfindung der Gegenwart" (Hickethier 1995, S. 10). So hätten etwa die milliardenschweren Investitionen des Landes Nordrhein-Westfalen - neben Baden-Würtemberg das IKT-Musterbundesland - im Medienbereich bisher ganze 1'000 neue Arbeitsplätze geschaffen. (Ebd.) Für Frankreich dagegen erwartet der Thierry Breton-Report innerhalb der nächsten zehn Jahre zwischen 60'000 und 200'000 neue Arbeitsplätze in den "teleservices" (Forum 1996, Annex, Working Group 1).

    2.1.5 Schweiz

    Wie in Europa ist heute auch in der Schweiz vor allem die Dienstleistungsbranche Arbeitsplatzabbau infolge Einführung der IKT betroffen. Viele Arbeitsplätze im privaten wie im öffentlichen Dienstleistungssektor wurden auch in der Schweiz bisher weitgehend von der Informatisierung "verschont". Es handelt sich insbesondere a) im öffentlichen Sektor: um den Bereiche der bisherigen staatlichen Kommunikationsanbieter (PTT, Telekom) und der öffentlichen Verwaltungen; b) im privaten Sektor: um die Bereiche Druck- und Verlagswesen (grafische Industrie), Banken, Versicherungen. Aufgrund der ungenügenden Datenlage bzw. der nur schlecht zugänglichen Daten in der Schweiz unternahm der Verfasser zur Klärung der Frage nach den Auswirkungen der IKT auf die Beschäftigung für die vorliegende Studie eine Umfrage bei den einschlägigen staatlichen Stellen, wissenschaftlichen Einrichtungen, Parteien, Gewerkschaften, Verbänden und privaten Institutionen. Fazit: Fundierte Analysen zu den quantitativen Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Beschäftigung liegen mit zu erwähnenden Ausnahmen (noch) nicht vor, Einschätzungen und Prognosen beruhen auf Beobachtungen und Erfahrungen und/oder Abklärungen in einzelnen Sektoren. Es ist hier ein dringender Handlungsbedarf an die Adresse des Bundes zu formulieren, übereinstimmend mit den neuesten Bemühungen der EU und der OECD den Zusammenhang von IKT, Produktivität und Beschäftigung umfassend aufarbeiten zu lassen.

    2.1.5.1 PTT

    Vom "Jarhundertumbau der Post", der rund 1'350 Jobs in der Generaldirektion und rund 1'000 Arbeitsplätze in den elf Kreispostdirektionen kosten sollte, war Mitte dieses Jahres in der Presse zu lesen (Sonntagszeitung, 14. 7 1996). Von den IKT ist im Postbereich, in dem heute rund 38'000 Personen arbeiten, vor allem der Bereich Zahlungsverkehr betroffen. Die PTT-Vereinigung schätzt , dass die IKT im Telebanking-Bereich, der teilweise von der PTT, teilweise von den Banken versorgt wird, insgesamt einen Stellenabbau von 30'000 bis 40'000 Arbeitsplätzen zur Folge haben werden. Dazu werden gegen 1'000 Poststellen des Poststellennetzes - dem "Kapital der Post"- zumindest in der heutigen Form verschwinden (und im Franchising-System in Tankstellen, Lebensmittelgeschäften usw. integriert). Auf der Plusseite wird es zu einem Anstieg von Arbeitsplätzen im Versandhandel kommen (elektronische Märkte). Dazu liegen keine Schätzungen vor.

    2.1.5.2 Telekom

    Im Bereich der Telekommunikation geht die PTT-Vereinigung davon aus, dass der Nettoarbeitsplatzabbau bis zum Jahr 2000 weniger dramatisch ausfallen wird als im übrigen Europa : Bis dahin rechnet sie mit einem Abbau von 3'000 bis 5'000 der heute rund 21'000 Arbeitsplätze. Betroffen ist der Handwerkbereich (insbesondere der Leitungsbau und die Vermittlungszentralen), weil das Glasfasernetz das Managment, Reperatur und die Regelung der Verkehrsflüsse zu einem Zehntel des vorherigen Aufwandes ermöglicht. (Vgl. Jörimann 1996a, S. 8) Andererseits benötigen die neuen Netzwerkbetreiber (SBB, SBG, Migros; Kabelnetzbetreiber; Elektrizitätswerke und weitere Partner) für ihre Zentralen qualifizierte Leute, die praktisch nur aus dem heutigen PTT-Bereich kommen können. Bei drei Netzwerkbetreibern - langfristig überleben werden vermutlich nur zwei - dürften das laut Schätzungen der PTT-Vereinigung 1'000 bis 3'000 Leute sein. Diese Prognosen widersprechen damit deutlich der Einschätzung der im Auftrag des BAKOM verfassten INFRAS-Studie zur "Perspektive Telekom" von 1994, in der eine Zunahme der Arbeitsplätze im gesamten Telekom-Bereich prognostiziert wird. (Infras 1994, S. 161)

    2.1.5.3 Banken

    Der Bankensektor ist bisher der einzige Bereich, für den die Auswirkungen der IKT auf die Beschäftigung wissenschaftlich solide erschlossen wurden. Laut Schätzungen der Schweizerischen Bankinstitute sind bereits zwischen 1975 und 1990 im Banken- und Versicherungssektor zusammen rund 27 bis 33 Prozent oder 35'000 Stellen eingespart bzw. abgebaut worden ( zit. n. SKV 1995, S. 8). Ende 1993 arbeiteten insgesamt knapp 122'000 Personen im Bankensektor. Eine erste Untersuchung von Würth (1989) kam zum Schluss, dass im Bankensektor infolge der Telematik bis zum Jahr 2000 30 bis 40 Prozent der Arbeitsplätze (36'000 bis 48'000 Stellen) eingespart werden, während "jüngere Aussagen von Bankdirektoren von einem Abbau von 20'000 Arbeitsplätzen bis zur Jahrhundertwende sprechen" (ebd., S. 12). Allein im Retailbanking werden infolge der Einführung der IKT in der Wertschriftenverwaltung und im Zahlungsverkehr bis zum Jahr 2000 rund 10'000 Bankenarbeitsplätze abgebaut (SKV, S. 28). 20'000 Stellen entsprächen einem Stellenabbau von 16 Prozent. Nach aktuellen Einschätzungen des SKV ist diese Zahl, die auf der Grundlage der Daten von 1993 erhoben wurde, nach oben zu korrigieren. Für den Versicherungssektor ist der SKV zur Zeit dabei, eine Analyse zu erstellen.

    2.1.5.4 Druck- und Verlagswesen (Grafische Industrie)

    Das Druck- und Verlagswesen (früher: Grafische Industrie) ist der gegenwärtig am stärksten von den IKT betroffene Sektor. Praktisch der gesamte Arbeitsplatzabbau geht in dieser Branche von der Einführung der IKT aus. Laut der Gewerkschaft Druck und Papier (GDP) zählte das Druck- und Verlagswesen 1992 knapp 60'000 Arbeitsplätze, 1994 noch 51'000 (Thommen, zit. n. Fels 1996, S.15), was einem Rückgang von 15 Prozent entspricht. Der Schweizerische Verband für visuelle Kommunikation (Viscom) kommt nach einer etwas anderen Zählart auf die gleiche Rückgangsquote von 15 Prozent. Die Anzahl der Erwerbstätigen sank gemäss Viscom von 47'500 1991 auf 40'750 1995 (Viscom 1995, Zahlen und Fakten) . Laut Prognosen der GDP, die von der Viscom geteilt werden , dürften im Jahre 2000 noch etwa 40'000 Personen im Druck- und Verlagswesen tätig sein (Thommen zit. n. Fels 1996, S. 15). Mit anderen Worten: im laufenden Jahrzehnt verliert das Druck- und Verlagswesen 30 Prozent der Arbeitsplätze.

    2.1.5.5 Multimedia-Dienste

    In ganz Europa gelten die Multimedia-Dienste als die eigentliche Wachstumsbranchen (vgl. Annex: Prognosen, Perspektiven, ...). Angaben zu den Auswirkungen der IKT auf die Beschäftigung in der schweizerischen Multimedia-Industrie (Unterhaltung, Aus- und Weiterbildung, Electronic Publishing usw.) sind nicht erhältlich. Aufgrund der geringen Hardwareproduktion und der ebenfalls geringen, kostenintensiven Softwareproduktion im Multimedia-Sektor, dürfte der Arbeitsplatzgewinn nicht nur absolut, sondern auch prozentual deutlich hinter demjenigen anderer europäischer Länder zurückbleiben. Einen Hinweis auf die nur geringe Softwareproduktion lässt sich an der weltweit boomenden CD-ROM-Produktion ablesen. Von den 1995 weltweit produzierten 16'000 Titeln stammen nur rund 50 aus der Schweiz. (Vgl. Annex: Prognosen, Perspektiven ....).

    2.1.6 Schlussfolgerungen

    Die Anfang der neunziger Jahre herrschenden euphorischen Einschätzungen, dass die IKT in der Informtionsgesellschaft neue Arbeitsplätze schaffen werden, weichen zunehmend Ernüchterung. In der OECD und der EU findet ein allmähliches Umdenken dahin gehend statt, dass kurzfristig die IKT zu einem Nettoarbeitsplatzverlust führen werden. Dabei handelt es sich weitgehend um (politische) Einschätzungen, eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Zusammenhangs zwischen IKT, Produktivität und Beschäftigung steht (Ausnahme: OECD) noch aus, entsprechende Projekte sind von der EU inzwischen initiiert. In der EU gibt es erste Tendenzen, die Informationsgesellschaft nicht länger aus rein technologischer und /oder wirtschaftlicher Sicht zu analsyieren, sondern ihre Interdependenzen mit allen Bereichen der Gesellschaft in Rechnung zu stellen.

    In der Schweiz fehlen die entsprechenden Daten, die wissenschaftlich fundierte Aussagen zu den Auswirkungen der IKT auf die Beschäftigung erlauben würden - zum Teil weil solchen Daten nie erhoben wurden, zum Teil, weil sie nicht zentral erfasst und verfügbar sind, zum Teil weil kein Interesse an solchen Daten besteht, oder weil sie nicht finanzierbar sind (Gewerkschaften, Personalverbände). Prognosen, Einschätzungen und Erwartungen die aufgrund von Beobachtungen in einzelnen Sektoren gemacht wurden, zeigen, dass die Auswirkungen der IKT in den hauptsächlich betroffenen Bereichen (Post, Telekommunikation, Banken, Multimedia-Industrie, Druck und Verlagswesen) unterschiedlich ausfallen. Aber selbst in Sektoren wie der Telekommunikation, in denen die Arbeitsplatzbilanz im Vergleich zum Ausland relativ günstig ausfällt, wird es insgesamt zu Nettoarbeitsplatzverlusten kommen. Angesichts der in der Schweiz fehlenden Anylsen ist es zudem dringend geboten, den Zusammenhang von IKT und Beschäftigung (und weiterer gesellschaftlicher Bereiche wie Bildung, Gesundheit, Regionalentwicklung, Demokratie) in einem interdisziplinär angelegten Forschungsprogramm aufzuarbeiten und die Ergebnisse der breiten Öffentlichkeit zur Diskusson vorzulegen.


    2.2 Qualitative Auswirkungen:
    "Telearbeit" und die Folgen


    Die Informationsgesellschaft lässt sich als eine "lernende Gesellschaft" (Informationsgesellschaft 1996, S. ii) charakterisieren, in der bei Strafe des Untergangs (im Falle der Unternehmen) oder der gesellschaftlichen Ausschliessung (im Falle des Einzelnen) lebenslanges Lernen zur Pflicht wird. Zugleich ermöglicht lebenslanges Lernen dem einzelnen Individuum bisher ungeahnte Möglichkeiten der individuellen und sozialen Entfaltung. Im Privat- wie im Arbeitsbereich ist die Fähigkeit, permanent Informationen aufzunehmen, abzurufen, zu selektieren und in Wissen umzuwandeln, eine Fähigkeit von zentraler Bedeutung. Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussionen um den mit der Informationsgesellschaft einhergehenden qualitativen Wandel der Arbeitswelt steht die Telearbeit. Sie stellt die wichtigste Arbeitsform in der Informationsgesellschaft dar.

    Das mag zunächst erstaunen. Zum einen nimmt sich die aktuelle Zahl der Telearbeitsplätze in Europa noch relativ bescheiden aus. Schätzungen von 1995 sprechen von 150'000 TelearbeiterInnen in Deutschland, 560'000 in Grossbritannien, 215'000 in Frankreich und 80'000 in Italien (Gbezo 1995, S. 63). Das im Bangemann-Bericht von 1994 formulierte Ziel der Schaffung von 10 Millionen Telearbeitsplätzen innnerhalb der EU bis zum Jahr 2000 (Bangemann-Bericht 1994, S. 25) erscheint damit unrealistisch. Zum zweiten zeigt die erste breitangelegte Untersuchung, die den Wunsch der Erwerbsbevölkerung nach Telarbeitsplätzen in Italien, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland untersucht hat, eine grosse Reserviertheit der ArbeitnehmerInnen gegenüber der Telearbeit. 13 Millionen der insgesamt 92 Millionen Erwerbstätigen in diesen Ländern würden an einem Telearbeitsplatz arbeiten, 38 Millionen hingegen würden grundsätzlich keine Telearbeit verrichten (Empirica o.J.).

    Mit der Einführung der Telearbeit stellt sich eine Reihe neuartiger Fragen, die die Qualität der Arbeit in einem umfassenden Sinn betreffen. Die Telearbeit hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die einzelnen TelearbeiterInnen am Arbeitsplatz (wie Stress, psychosomatische Krankheiten usw.), sondern auf das gesamte Gefüge der Gesellschaft, sei es im ökonomischen Bereich (z. B.auf die Organisationsformen der Arbeitenden), sei es im politischen Bereich (z.B. auf das Steueraufkommen) oder sei es im kulturellen Bereich (z. B. auf die Formen bisherigen Zusammenlebens).

    Droht der High-Tech-unterstützte Rückfall in die Heimarbeit oder verschafft Telearbeit die Möglichkeit, über seine Arbeit (wieder) selber bestimmen zu können? In diesem Spannungsfeld bewegen sich die laufenden wissenschaftlichen und gewerkschaftlichen Diskussionen zur Telearbeit. Im folgenden werden, wiederum exemplarisch, einige der zentralen Fragen diskutiert, die mit der Telearbeit verbunden sind. Entsprechend der Ausrichtung dieses Teils der Studie stehen dabei die problematischen Aspekte im Vordergrund. Vorab in Erinnerung zu rufen für das Folgende ist, "dass der Technikeinsatz von sich aus keine bestimmte Gestaltung der Arbeitsplätze erzwingt, sondern jeweils das Ergebnis von politischen, ökonomischen und sozialen Entscheidungen ist" (Zimmermann/Zimmermann 1988, S. 96).

    2.2.1 Definition "Telearbeit"

    Unter Telearbeit wird verstanden

  • jede auf IKT gestütze Tätigkeit, einschliesslich der Übertragung der Arbeitsergebnisse,

  • die ausschliesslich oder alternierend an einem räumlich ausserhalb des Betriebes im herkömmlichen Sinne liegenden Arbeitsplatz (Nachbarschaftsbüros, Satellitenbüros, Privatwohnung, mobile Telearbeit) verrichtet wird,

  • der mit der zentralen Betriebsstätte durch elektronische Kommunikationsmittel verbunden ist,

  • sofern diese Tätigkeit nicht nur gelegentlich erfolgt.


    2.2.2 Auswirkungen der Telearbeit auf die Arbeit

    2.2.2.1 Arbeitsplatz

    Die wichtigsten, bereits in den achtziger Jahren an EDV-Arbeitsplätzen arbeitsmedizinisch erforschten unmittelbaren Auswirkungen, die an Telearbeitsplätzen verstärkt auftreten, sind hohe körperliche Belastung von Kopf, Hals, Rücken, Schultern, Armen und insbesondere der Augen, die vielfach zu Rückenschmerzen, Sehbeschwerden und Migränen führen. Aus neueren Untersuchungen zur Telearbeit ist bekannt, dass Aufgaben in informationsgesättigten Umfeldern, die schnell und mit hoher Qualität erledigt werden müssen, zu hohen psychischen Belastungen führen, die sich in Informationsüberlastung, psychosomatischen Krankheiten, Stress , Mobbing und in Suchtverhalten äussern können. Dringend geboten ist hier die Ausarbeitung neuer Arbeitsschutzbestimmungen (insbesondere zu Arbeitsorganisation, Ergonomie, Arbeitspsychologie) und deren ständige Überprüfung unter Einbezug der direkt Betroffenen. In Übereinstimmung mit dem Vorschlag der EU-Kommission (vgl. Informationsgesellschaft 1996, S. 22) sollte das auf der Internationalen Arbeitskonferenz 1996 überarbeitete Übereinkommen und die Empfehlung zum Schutz der Heimarbeiter (vgl. ILO 1996, ILO 1996b) als potentielles Modell für neue Richtlinien in der Schweiz untersucht und ausgewertet werden.

    2.2.2.2 Arbeitszeit

    Mit dem Einzug der IKT in alle Arbeitsbereiche hat/wird der Begriff "Arbeitszeit" einen neuen Sinn erhalten. Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Nichtarbeitszeit verschwimmen und werden neu zu definieren sein, wie ein Beispiel von Nicholas Negroponte, dem Begründer und Direktor des Media-Lab am MIT, anschaulich macht. Negroponte ist der Meinung, dass schon bald "digitale Zeitzonen eine wichtigere Rolle spielen als Handelszonen. Ich könnte mir ein Software-Projekt vorstellen, das in einem 24 -Stunden-Zyklus von Osten nach Westen um die Welt reist, von Person zu Person oder von Gruppe zu Gruppe, wobei die einen arbeiten, während die anderen schlafen. Microsoft wird in London und Tokio weitere Zweigstellen für die Software-Entwicklung eröffnen müssen, um in drei Schichten rund um die Uhr zu produzieren" (Negroponte 1995, S. 276). Die Informationsgesellschaft impliziert für eine wachsende Zahl von Beschäftigten eine Verlängerung der Arbeitswoche, was nicht zwangsläufig eine Ausdehnung der Gesamtarbeitszeit bedeutet. Aufgrund der grösseren Flexibilität und der Dezentralisierung wird der traditionelle Achtstunden-Tag neu zusammengesetzt werden. Regelmässige Schichten oder sonstige fest geregelte Arbeitszeit wird in Zukunft nur noch eine Arbeitsform unter anderen sein. Nacht-, Schicht- und Wochenendarbeit werden zunehmen. Als mögliche Lösungsvorschläge zur Neugestaltung der Arbeitszeit wird die Einführung der Jahresarbeitszeit, die Abgeltung von Überstunden-, Nacht- und Wochenendarbeit durch Freizeit, sowie die Verkürzung der Arbeitszeit diskutiert (vgl. Informationsgesellschaft 1996, S. 27f.).Inwieweit sich solche Vorstellungen durchsetzen werden, ist, es sei daran erinnert, abhängig von ökonomischen, politischen und sozialen Entscheidungen.

    2.2.2.3 Arbeitsverträge

    In Zukunft wird es sehr unterschiedliche Formen von Telearbeit geben: Beschäftigte, die zum Teil in der Firma, zum Teil bei sich zu Hause arbeiten, Angestellte, die ohne feste Arbeitsplätze in ihrer Firma mobil unterwegs sind (z. B. Versicherungsagenten), Beschäftigte, die nur zu Hause arbeiten, TeilzeitarbeiterInnen, Freelancer, die auf der Basis von Werkverträgen beschäftigt sind, es wird Agenturverträge ebenso geben wie den Kauf von Werken (statt von Arbeitskraft) usw. "Generell zeichnet sich Telearbeit durch rechtliche Unsicherheit aus, eine Rechtspraxis fehlt noch weitgehend". (Meury 1996, S. 17) Es fehlt allerdings nicht nur die Rechtspraxis, es müssen auch die bisherigen Rechtsgrundlagen neu gestaltet werden .

    Die Gewerkschaften in Europa befürchten hier nicht nur eine Aushöhlung der Gesamtarbeitsverträge, die es schwierig macht, die vereinzelt arbeitenden TelearbeiterInnen zu organisieren und zu schützen und ein Unterlaufen von Arbeitsschutz, Gesundheitschutz- und Sozialstandards. Sie vermuten auch, dass die Telearbeit vor allem für schlecht bezahlte Arbeitsplätze eingeführt wird (sog. Teleheimarbeit), die überwiegend von Frauen eingenommen werden und die durch inhaltliche Routinetätigkeit, die nur niedrige oder keine Qualifikationsmöglichkeiten bieten, charakterisiert sind. Einige Gewekschaften in Deutschland und den USA fordern ein vollständiges Verbot der Tele-Heimarbeit (vgl. Empirica o.J.). Die schwedische Beamten- und Angestelltengewerkschaft TCO (TCO 1996) hat für die Telearbeit Frundsätze für die Tarifregelungen ausgearbeitet, die auf folgenden "fünf Säulen" beruhen:

  • Prinzip der Freiwilligkeit. Telearbeit muss freiwillig sein. Jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin hat jederzeit das Recht, Telearbeit aufzugeben und an den Hauptarbeitsplatz zurückzukehren. Telearbeitszeit soll nur einen Teil der gesamten Arbeitszeit ausmachen.

  • Gleiche Bedingungen für alle. Im Prinzip sollen für TelearbeiterInnen dieselben Arbeitsbedingungen gelten wie für die anderen ArbeitnehmerInnen (bezüglich Bezahlung, Arbeitszeit, Urlaub, Ruhezeiten). Der Zeitrahmen, innerhalb dessen Arbeitszeit verteilt werden darf, muss bestimmt werden. Den TelearbeitnehmerInnen muss ermöglicht werden, an denselben informativen Veranstaltungen und zwanglosen Treffen im Betrieb teilzunehmen, wie die anderen ArbeitnehmerInnen. Um das Entstehen von Informationslücken zu vermeiden, sind TeleabeitnehmerInnen mittels spezieller Qualifizierungsprogramme zu fördern.

  • Gleiche Voraussetzungen für alle. Der Arbeitsplatz zuhause soll in vergleichbarer Weise wie der Hauptarbeitsplatz ausgestattet sein. Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten für Büro- und Einrichtungen und leistet eine Ausgleichsvergütung zur Deckung von Telefon-, Strom- und Reinigungskosten.

  • Sicherheit. Der Arbeitnehmer hat Schutzmassnahmen zu ergreifen, damit Unbefugte keinen Zugang zu Geschäftsdaten erhalten. Der Arbeitgeber hat die Versicherungsgebühren für die Arbeitseinrichtungen und den an ihr entstehenden Schaden zu bezahlen.

  • Gewerkschaftliche Unterstützung. TelearbeitnehmerInnen werden vom normalen Gewerkschaftsvertreter des Hauptarbeitsplatzes vertreten. GewerkschaftsvertreterInnen können die TelearbeitnehmerInnen in der bezahlten Arbeitszeit aufsuchen. Die Teleheimarbeitsmethoden werden einmal im Jahr der Überprüfung durch Gewerkschaften und Arbeitgeber unterzogen.
    Zusätzliche Forderungen anderer Gewerkschaften sind (vgl. z. B. DGB 1996, S. 4):

  • Die soziale Absicherung der neue Arbeitsformen und gesetzliche Neudefinierung des Arbeitnehmer- und Betriebsbegriffs (zur Verhinderung von sog. "Scheinselbständigkeit").

  • Aufgrund der Zunahme von Bildschirmarbeitsplätzen: Unverzügliche Umsetzung der EU-Bildschirmrichtlinien in das nationale Arbeitsschutzrecht.

  • Angesichts des organisatorischen und technischen Umbruchs in den Betrieben: Erweiterung der Mitbestimmungsrechte bei der sozialen Gestaltung von Arbeit und Technik und bei der Einführung neuer Formen der Arbeitsorganisation.

    2.2.3 Auswirkungen der Telearbeit auf die Gesellschaft

    2.2.3.1 Der arbeitsintensive Privatbereich

    Durch die Rückverlagerung der Arbeit ins Haus lassen sich Berufs- und Privatleben besser vereinbaren. Gleichzeitig ergeben sich dadurch eine Reihe neuer Probleme:

  • Die neue Arbeitszeitverteilung macht es schwierig, Berufs- und Privatleben voneinander abzugrenzen.

  • Es kommt zu häufigerer Unterbrechung des Familienlebens, die Platz, Zeit und Rücksichtnahme von Seiten der übrigen Haushaltsmitglieder erfordert.

  • Für viele Frauen heisst die Forderung nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf: den engen familiären Bereich verlassen und soziale Kontake knüpfen zu können. Telearbeit bedeutet das Gegenteil.

  • Die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufsarbeit duch Telearbeit bleibt Illusion, weil ein ungestörtes Arbeiten nicht möglich ist (es sei denn, die Kinder werden extern betreut).
    Die Frage, wie sich Arbeits- und Familienleben vereinbaren lassen wird, so die EU-Kommisson, zu "einem Kernproblem des sozialen Zusammenhalts in der Informationsgesellschaft" (Informationsgesellschaft 1996, S. vii) werden. Der komplexe Zusammenhang von Arbeits- und Familienleben sollte deshalb genauer erforscht werden.

    2.2.3.2 Steueraufkommen -Notwendigkeit einer Bit-Steuer

    Aus der Neuorganisation der Arbeit ergeben sich für den Staat zwei gewichtige Probleme für den Finanzhaushalt. In den Arbeitsverträgen in den IKT-intensiven Bereichen zeichnet sich schon heute eine Tendenz zu mehr Selbständigkeit ab. Dieser Trend wird sich auf das Sozialversicherungssystem und das Steueraufkommen auswirken. Erfahrungsgemäss zahlen Selbständige weniger Sozialabgaben und Steuern. Bereits kurzfristig zu lösen ist das Problem, wie Parlamente und Regierungen in einer immer mehr auf Informationen gestützten Welt, "in der Werte durch Systeme und globale Netze und nicht mehr durch deutlich erkennbare materielle Produktion und durch Austausch erzeugt werden" (Informationsgesellschaft 1996, S. 12.), sich weiterhin die Mittel für ihre öffentlichen Aufgaben beschaffen können. Diskutiert werden neuartige Steuermodelle, denen eng am Informationsaustausch orientierte Steuerbemessungen zugrundeliegen, etwa das Modell einer "Bit-Steuer". Dieses Steuermodell von Cordell und Idle (1994) trägt der Tatsache Rechnung, dass die bisherigen Bemessungsgrundlagen der einzelnen Länder durch die Globalisierung ausgehöhlt werden (vgl. Informationsgesellschaft 1996, S. 12).

    2.2.3.3 Bildung - der Rohstoff der Informationsgesellschaft

    Abschliessend sei kurz auf den vielschichtigen Bereich der Bildung verwiesen. Lebenslanges Lernen ist ein Grundpfeiler der Informationsgesellschaft. "Im 21. Jahrhundert weden IKT-Kentnisse für nahezu alle Berufsanfänger Pflicht sein" (Informationsgesellschaft 1996, S. 57) und bei einer rapide sich verkürzenden Halbwertszeit für manches Berufswissen, benötigen die bereits im Erwerbsleben Stehenden neue Weiterbildungsmöglichkeiten unterschiedlicher Art. Die Informationsgesellschaft macht eine tiefgreifende Umgestaltung des bisherigen Bildungswesens nötig. Wesentliche Elemente einer Bildungsreform sind: Die Verankerung der ISKT-Ausbildung in der Erst- und Zweit- und Weiterbildung, die Schaffung einer dafür geeigneten Infrastruktur (Hardware, Programme, Lernmaterialien), Entwicklung unterschiedlicher Lernformen für jüngere und ältere Leute (Lehrer als Mentor, Ratgeber oder Trainer, Interdisziplinarität, Entwicklung kommunikativer und sozialer Kompetenzen usw.), spezielle Förderprogramme für benachteiligte Gruppen (Frauen, AusländerInnen, Behinderte, Arbeitslose, Jugendliche). Aus schweizerischer Perspektive besondere Aufmerksamkeit verdient der Aufbau und die Pflege internationaler Kontakte zur Sicherstellung der Qualität von Forschung, Entwicklung und Lehre im tertiären Sektor.

    2.2.4 Zusammenfassung

    Die qualitativen Auswirkungen der IKT auf die Arbeit wird in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion gegenwärtig vor allem an der für die Informationsgesellschaft chrakteristischen, wenn auch quantitativ in Europa erst in geringer Zahl ausgeübten Arbeitsform der Telearbeit diskutiert. Dabei zeigen sich zum Teil aus der Industriegesellschaft bekannte, zum Teil bisher unbekannte unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitenden, zu denen insbesondere psychische Belastungen wie Stress, Mobbing und psychosomatische Krankheiten mit den entsprechenden Folgen gehören. Dazu gehören ebenfalls die Ausdehnung der Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer und neue Arbeitsvertragsverhältnisse unter mangelnden arbeitsrechtlichen Bedingungen. Zu allen Aspekten liegen von wissenschaftlicher und gewerkschaftlicher Seite Überlegungen und zum Teil Lösungsvorschläge vor, die aber dringend der vertieften Analyse bedürfen. Telearbeit hat aber nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit und die Arbeitsplätze, sondern sie hat in einem für bisherige Arbeitsformen unbekannten Ausmass Folgen für alle gesellschaftlichen Bereiche: im kulturellen Bereich etwa für das Privatleben, das durch die Rückkehr der Lohnarbeit ins Haus wesentliche Veränderungen erfahren wird; im politischen Bereich für den Staat, der unter anderem neue Formen der Steuer erarbeiten und umsetzen muss; und in politischer und kultureller Hinsicht gleichermassen für die Bildung, wo eine tiefgreifende Bildungsreform unabdingbar ist.


    3

    Demokratie



    Die Debatte um die tiefgreifende Transformation, die die Demokratie - einer der Grundpfeiler des modernen Europas seit 1789 - in der Informationsgesellschaft durchläuft, wird vor allem in den USA und Frankreich , neuerdings auch in der Bundesrepublik , bisher aber nicht in der Schweiz geführt. In der EU wurde diese Diskussion bisher ebenfalls ausgeblendet. Von den drei Grundlagendokumenten der EU zur Informationsgesellschaft - dem einflussreichen Bangemann-Bericht (1994), dem Delors-Weissbuch (1994) und dem Zwischenbericht Eine europäische Informationsgesellschaft für uns alle (Informationsgesellschaft 1996) - geht einzig das letzte auf die Frage der Demokratie ein.

    3.1 Zwei Diskursmuster - Ende oder Anfang der Demokratie?

    Welche Auswirkungen hat die Informationsgesellschaft auf die heutigen Demokratien? Die Positionen dazu bewegen sich zur Hauptsache innerhalb von zwei konträren Diskursmustern. Beide werden hier paradigmatisch und in der gebotenen Kürze dargestellt. Das eine Diskursmuster breitet am pointiertesten der französische Politikwissenschaftler und langjährige Leiter des Strategiestabs des französischen Aussenministeriums, Jean-Marie Guéhenno, in seinem Buch mit dem unmissverständlichen Titel "Das Ende der Demokratie" (1993, dt. 1994) aus. Für Guéhenno ist Demokratie an den Nationalstaat gebunden, und dieser wird heute unterminiert durch Modelle sozialer Organisationen, die jenseits des Politischen funktionieren. Guéhenno nennt sie "Netz" und "Reich". Das Netz speichert Informationen, es bildet Kanäle, auf denen alles transportiert wird, was von Wert ist - Güter, Geld, Informationen. Es erstreckt sich über den ganzen Globus. Unterläuft das Netz die Ebene des Politischen, so wird es durch das kommende Reich übertrumpft. Das Reich bezeichnet die Struktur einer Einigung ohne Zentrum, kennt keinen Souverän, nur noch Verwalter, kennt keine Prinzipien, sondern nur noch Verfahren. Guéhenno sieht den Staatsbürger verschwinden, ein Jenseits der Einzelinteressen kann heute nicht mehr gedacht werden. Stattdessen erleben wir eine Verflüchtigung der Gesellschaft: Die Gesellschaft existiert nur noch als ihr eigener Mythos. Das Ende der Demokratie ist fällig, weil ihr die Subjekte ebenso wie die Gegenstände abhanden kommen. Stattdessen bricht ein Zeitalter an - Guéhenno nennt es ein "imperiales"(vgl. Guéhenno 1994, S. 13f.) - , in der der einzelne seine Tätigkeiten innerhalb eines Rahmens entfalten kann, in dem alle Verfahren klaren und vorhersehbaren Regeln gehorchen. Die imperiale Zukunft, die "das Ende der Aufklärung" (ebd., S. 176) markiert, wird die einer schwachen Struktur sein, in der die "geistige Freiheit", die "Weisheit in der stoischen Bedeutung des Wortes" (ebd., S. 179) neu zu entdecken wäre.

    In der Betonung des einzelnen Individuums und der Entstehung eines "vollkommen neuen, weltweiten Sozialgefüges" (Negroponte 1995, S. 224) treffen sich die Vertreter der ansonsten konträren Position mit Guéhenno. Paradigmatisch für sie stehen hier Nicholas Negroponte, Begründer und Leiter des digitalen Think Tank am MIT in Boston und der Vordenker des digitalen Zeitalters, und Josef Brauner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Sony Deutschland GmBH.

    Wie Guéhennos trägt auch Negropontes neues Buch einen unmissverständlichen Titel: "Total digital" (1995, dt. 1995). In dessen umfangreichem Stichwortverzeichnis kommt zwar das Wort "Demokratie" nicht vor. Aber im angebrochenen "Zeitalter des Optimismus" (ebd., S. 275), nach dem der Epilog benannt ist, sieht Negroponte eine "junge Bürgerschaft" aus der digitalen Welt aufsteigen, die "die Menschen zu grösserer Weltharmonie" (ebd., S. 278f.) führen wird.
    Josef Brauner widmet der der Demokratie ein eigenes Kapitel widmet, und für ihn ist Multimedia der Rettungsanker der in allen westlichen Ländern krisenhaften Demokratien schlechthin. Die abnehmende Wahl- und Stimmbeteiligung führt er auf eine wachsende "Bequemlichkeitsbarriere" (Brauer/Bickmann 1994, S. 126) zurück, politische Partizipation, insbesondere "plebiszitäre Elemente" (ebd., S. 129) erhielten dank Multimedia eine neue Chance. So sitzt in einem seiner Szenarios "bei der nächsten Bundestagswahl Familie Fischer am Frühstückstisch und debattiert beim Kaffee noch über die letzten politischen Ereignisse (...). Marion, die Tochter, will gleich zu einer grosssen Motorradtour aufbrechen. Vorher geht sie rasch zur Medienstation, sagt ,Wahl' und wird aufgefordert, ihren Zeigfinger in das Identifikationsgerät zu legen. Mittels Laser wird ihre Fingerkuppe abgetastet - Marion ist eindeutig identifiziert. Dann wird sie aufgefordert, ihre Stimme abzugeben, fertig." (Ebd., S. 127)

    3.2 Erwartungen und Befürchtungen

    Eine Zusammenstellung der Erwartungen und der Befürchtungen, wie sie in der internationalen, wissenschaftlichen Literatur diskutiert werden, ergibt folgendes Bild.

    Neben Multimedia-Enwicklern und -Anbietern wie Nicholas Negroponte und Josef Brauner finden sich auf der einen Seite manche akademische Freigeister - die zum Teil der Gründergeneration des Internets angehören, wie der Mitbegründer Electronic Frontier Foundation, John Perry Barlow (1994, 1996) -, und so unterschiedliche Leute wie der bekannte Multimediaforscher und Berater des US Congress Office of Technology Assessment, Howard Rheingold (1994a, 1994b, 1996), verschiedene Medienwissenschaftler wie Norbert Bolz (1994, 1995), Manfred Fassler (1994; Fassler/Halbach 1994a), Wulf R. Halbach (1994, Fassler/Halbach 1994) oder Florian Rötzer (u. a. 1995), alternative NetzbetreiberInnen wie das Frauennetzwerk in Berlin (vgl. Frauen 1995), die "Agentur Bilwet" in Amsterdam, das Künstlernetzwerk "The Thing" in Basel/Wien/Amsterdam/New York, BüroBert (1993) in Köln und eine unüberschaubare Zahl von Cyberpunks, Hackern und Newsgroups-TeilnehmerInnen. So unterschiedlich ihre Prämissen und Begründungen lauten, für sie macht der Cyberspace wirkliche Demokratie erst möglich, oder er stärkt sie zumindest. Die wichtigsten Gründe, die sie anführen sind:

  • Der Cyberspace schafft für die Menschen die Fähigkeit und Freiheit, ohne jede Beschränkung miteinander kommunizieren zu können.

  • Er ermöglicht unserer fragmentierten Gesellschaft, wieder ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.

  • Der Zugang für alle zu einer Vielzahl von Informationen führt zu einer Enthierarchisierung des Wissens.

  • Damit verbunden entsteht eine grössere Transparenz des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens.

  • Dies hat eine Basisdemokratisierung und eine Horizontalisierung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse zur Folge, weil die chaotische Struktur des Cyberspace von keiner Macht zu kontrollieren ist.

  • Der Cyberspace kann zur Plattform für neue Anwendungen, neue Kulturen und neue Gruppen mit neuer Macht werden.

  • Eine bisher fehlende kritische Öffentlichkeit auf europäischer Ebene z. B. scheint dank des Cyberspace jetzt möglich.

    Für andere - in der Mehrzahl handelt es sich bei dieser angesichts der neuesten Entwicklungen im Cyberspace im Wachsen begriffenen Gruppe um Soziologen, Philosophen und Kommunikationswissenschaftler von unterschiedlicher Provinienz wie Jean Baudrillard (u. a. bereits 1978), Paul Virilio (zuletzt 1996), Armand Mattelart (1995), Asdrad Torres (1995), Gilles Deleuzde (1990), oder Jean-Marie Guéhenno - bedeutet der Cyberspace zumindest eine ernsthafte Bedrohung der Demokratie, das "Ende der Demokratie" oder gar der Beginn eines Techno-Faschismus. Zu dieser Gruppe lässt sich auch die erwähnte "Gruppe hochrangiger Experten" der EU zählen (vgl. Informationsgesellschaf 1996, S. 87ff.). Die hauptsächlichen Gründe, die diese heterogene Gruppe anführt, sind:

  • Die Materialität der neuen, digitalen Medien unterläuft strukturell deren Handhabung durch die gesellschaftlichen Akteure, sie bilden ein eigentliches "System der Nicht-Kommunikation" (Baudrillard 1978, S. 101). Alle Versuche, die Entwicklung digital- technischer Dispositive zu einem totalen und absoluten System aufzuhalten sind deshalb illusionär und "melancholische Gefechte après la guerre" (Maresch 1996a, S. 28).

  • Die Trennung von System-Produzenten und Software-Benutzern nach dem Modell der militärischen Kommunikation. Die Abschottung des "untrusted users" von der Kommandoebene des Betriebssystems, der "Protected Mode" (Kittler, zit. n. Maresch 1996a, S. 24), ist die Bedingung für den reibungslosen Kommunikationsfluss.

  • Die Implimentierung technischer Standards durch Medienbünde (Berlusconi, Bertelsmann, Kirch, Murdoch, Time Warner usw.) schaffen eindeutige Machtverhältnisse. Es entsteht, so Gilles Deleuze, eine durch ein "elektronisches Halsband" geschweisste "Kontrollgesellschaft" (1990, S.5ff.). Den Medienakteuren bleibt nichts anderes übrig, als zu willfährigen Akteuren in einem Spiel zu werden, dessen Regel sie blindlings ausführen, über die sie aber nicht befinden können.

  • Die Mitarbeit der Staaten an der "Evangelisierung" des Konsumismus.

  • Die fehlende bzw. nicht realisierbare Kontrolle der Kontrolleure.

  • Die Enstehung von Intranets (geschlossenen und z. T. geheimen Netzen von Firmen und von staatlichen Stellen wie der NASA, der NSA oder dem Pentagon), die das offene Internet unterlaufen.

  • Das Wiederauftauchen des totgeglaubten Kolonialismus in verschärfter Form: früher durch Staaten, jetzt durch Unternehmen.

  • Die von den Anhängern der elektronischen Demokratie emphatisch begrüsste "virtuelle" oder "Hyper-Demokratie" ist eine Bedrohung, weil sie - wegen des Fehlens von wirklichen Dialogen und Diskussionen - der Stimmungs- oder "Konfettidemokratie" (Informationsgesellschaft 1996, S. XV) und damit totalitären Herrschaftsformen Tür und Tor öffnet.

    3.3 Fragen statt schnelle Antworten

    Angesichts der bisherigen - in der EU zögerlichen, in der Schweiz fehlenden - Debatten über den Zusammenhang von IKT und Demokratie, scheint es sinnvoll, zunächst eine Auslegeordnung von Fragenstellungen vorzunehmen. Erst deren Beantwortung ermöglicht dann in einem zweiten Schritt, die Chancen und Risiken für die Demokratie in der Informationsgesellschaft angemessen zu beurteilen.


  • Ist unsere Gesellschaft als eine Gesellschaft zunehmender Ausdifferenzierung und Individualisierung angemessen beschrieben? Lassen nicht die Tendenzen der Globalisierung auf allen Ebenen zugleich soziale Zusammenhänge und soziale Gruppen neuen Typs entstehen (für die Frankreichs Minitel oder das weltweite Internet mit seinen tausenden von virtuellen Gemeinschaften als Beispiele stehen mögen)? Howard Rheingold sieht in den virtuellen Gemeinschaften eine demokratisch entwicklungsfähige Antwort auf den "Hunger nach Gemeinschaft" (Rheingold 1994b, S. 101), der nach dem Auseinanderbröckeln traditioneller Gemeinschaften entstanden ist.


  • Demokratie ist in Europa historisch an die Herausbildung von Nationalstaaten gebunden. Der homogenisierte nationalstaatliche Zusammenhang ist von zwei Seiten unter Druck geraten: durch die Zerstörung traditioneller Klassen- und Schichtenmilieus und die Neuaggregierung neuer, vielleicht flüchtigerer, Gruppenzugehörigkeiten. Andererseits nimmt mit der Globalisierung des Kapitals die Regulations- und Interventionskompetenz der Nationalstaaten ab. Die Folgen dieses Drucks zeigen sich dramatisch an den zentralen politischen Einrichtungen: Während sich in den rapiden Veränderungsprozessen des 19. und 20. Jahrhunderts alle ökonomischen, politischen und kulturellen Bereiche und Einrichtungen und auch die politisch zu lösenden gesellschaftlichen Problemlagen fundamental verändert haben, gingen die zentralen politischen Institutionen aus diesem Wandel praktisch unverändert hervor. Geschaffen für Problemlösungen des 18. und 19. Jahrhunderts ist ihre Wirkungsmacht heute weitgehend ausgehöhlt. Die Suche nach einer neuen Form der Demokratie hat von der Tatsache auszugehen, dass die in die Digitale gerutschte Wirklichkeit gesellschaftliche Verhältnisse vermittelt und ständig neu schafft. Die Multimediale (der Cyber-Space) ist, und das ist demokratietheoretisch zentral, ein vielstimmiges, diskursives Forum, auf dem gesellschaftliche Beziehungen und Identitäten ununterbrochen verhandelt, neu formuliert und umkämpft werden.Wie sieht die citoyenneté im digitalen Zeitalter oder der "CyberModerne" (Fassler/Halbach 1994b) aus? Soll nicht ein Totalitarismus unhinterfragt sich perpetuiiernder Herrschaftsstrukturen Inkauf genommen werden - im schlimmsten Fall die Herrschaftsstrukur einer in den menschlichen Körper implementierten oder sich selber generierenden artificial intelligence, wie einige Kritiker befürchten (vgl. Maresch 1996a, S. 28) -, dann muss heute vordringlich der Zusammenhang von Demokratie, Hegemonie und Macht im High-Tech-Kapitalismus der "CyberModerne" angemessen beschrieben und analysiert werden.

  • Wenn die Macht nicht mehr von einem oder ein paar wenigen Orten (Regierungen, Unternehmen) ausgeht, sondern von einer unüberschaubaren Anzahl von Orten, wenn es, mit anderen Worten, keinen Hegemon, sondern nur noch eine "strukturelle Hegemonie" geben kann: über welche Kompetenzen müssen die AkteurInnen verfügen, um in diesem Raum handeln zu können und nicht nur gehandelt zu werden? Und woher beziehen sie diese Kompetenz? Howard Rheingold tippt das Problem von Macht und Herrschaft zumindest an, wenn er fragt, ob die "elektronische Demokratie" eine "angemessene Beschreibung für die politische Vollmacht, die aus dem Bildschirm eines Computers erwächst", sein wird, oder ob die virtuellen Räume zu einem "ausgezeichneten Stück Des-Infotainment" werden, zu einem weiteren Mittel, um "Emotionen zu manipulieren und öffentliche Meinung zu schaffen, die im Dienste der Macht stehen" (Rheingold 1994b, S. 119). Und die bekannten Futurlogen Alvin und Heidi Toffler sehen "ganze neue Formen der High-Tech-Propaganda" auf uns zu kommen, die zum Beispiel "der Bevölkerung einen Putsch vorgaukeln lässt, der in Wirklichkeit nur im Speicher eines Computers stattfindet" (Toffler/Toffler, zit. n. Meissner 1995, S. 57f.).

  • Wer verfügt über welche Informationskanäle und, da nach wie vor gilt, dass Wissen und nicht Information alleine Macht ist: wie kann erreicht werden, dass alle KonsumentInnen von Multimedia in der Lage sein werden, auf alle Informationen zugreifen zu können und Informationen in Wissen verwandeln zu können, und wer wären diese Instanzen, die das sicherstellen könnten?

  • Worin wird die sogenannte Freizeit in einer Epoche bestehen, in der Zeit vollkommen neu strukturiert wird? Welche Auswirkungen wird sie auf die politische Beteiligung haben, wenn die wöchentliche Lohnarbeitszeit weiter sinkt, auf die 25-Stunden-Woche, wie sie André Gorz seit langem für möglich hält (z. B. Gorz 1994, S. 275f.), und der renommierte KI-Forscher Klaus Haefner sie auf Anfang nächstes Jahrhundert für die Industrienationen prognostiziert (Haefner 1993, S. 52)?

  • Was bedeutet Demokratie, wenn die weltumspannenden Netze, die heute geschaffen werden, höchstens einen Drittel der Menschen erreichen, weil zwei von drei Personen auf unserem Planeten noch nie ein Telefongespräch geführt haben (vgl. Jäggi 1995, S. 65), und wenn zur Zeit höchstens 10 Prozent der Weltbevölkerung persönlich Zugang zu einem Telefon hat (vgl. Adrian 1996, S. 348) - und sich das so schnell auch nicht ändern wird?

  • Welches sind, so lassen sich diese Fragen zusammenfassen, die Eckpunkte einer digitalen Kultur im Zeitalter der "planetarischen Gemeinschaft" (Richard Rorty) in der CyberModerne? Wie kann die Konstruktion von Öffentlichkeiten, die durch eine "prinzipielle Unabgeschlossenheit" (Habermas) ihrer TeilnehmerInnen charakterisiert sind, und die für jede Demokratieform eine pièce de résistence darstellen, wie können Öffentlichkeiten als intersubjektiver und medial interaktiver sozialer Raum erreicht werden, wenn die sozialen Grossgruppen, auf die sich die bisherigen politischen Debatten und demokratischen Repräsentanzen bezogen haben, nicht mehr existieren und die individuelle Nutzung des Computers und die Abgeschlossenheit in "special-interest"-Öffentlichkeiten mit eigenen Codices und hochspezialisierten Diskursformen, die alle Nicht-Eingeweihten ausschliesst, vorherrscht?

    3.4 Ein Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert

    Man braucht weder die die apokalyptische Visionen seiner Kritiker, noch die Erlösungsphantasien seiner Afficionados zu teilen, um zu sehen, dass die Machtverhältnisse im Cyberspace sich seit Anfang 1994 von der Nutzung in Forschung, Bildung und in Bürgerinitiativen und Nichtregierungs-Organisationen dramatisch zugunsten der Kommerzialisierung verschoben haben und weiter verschieben werden. Die astronomisch hohen Investitionen, die us-amerikanische Grosskonzerne seit den achtziger Jahren in die Informationstechnologien investieren , beanspruchten vor allem die Intranets, geschlossene Netze, die bereits heute etwa viermal so gross sind wie der öffentliche Teil des Internets. Und in diesen geschlossenen und z. T. geheimen Netzen zirkulieren die wirklich wichtigen Informationen. Der Konzentrationsprozess in und zwischen der Computer-, Medien-, Telekommunikationsindustrie und den On-Line-Anbietern ist bereits heute weit fortgeschritten. So hat Bill Gates vor kurzem die Betriebsrechte für eine ungeheure Menge an Material erworben, zuletzt das aus 16 Millionen Abbildungen und Fotos bestehende Bettman-Archiv (Schiller 1995, S. 4). In den USA haben sich die beiden grössten On-Line-Dienste, America On-Line und CompuServe, in den beiden letzten Jahren mit tausenden von Anbietern von Telediensten und Soft- und Hardwareproduzenten zusammengetan. Allein bei Compuserve sind es etwa 3000, von United Airlines bis Microsoft und Sun Computers (ebd.). Dabei entstehen Monopole ganz neuen Typs mit bisher unbekannten Dimensionen.

    Von manchen wird die Lösung des Problemes der Machtkonzentration, der Kommodifizeriung der Welt und der Sicherung des freien Zugangs zu Informationen für alle (free flow of information) darin gesehen, einen "neuen Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert" zu schaffen Das Vorbild für diesen neuen Gesellschaftsvertrag ist die Sozialpartnerschaft und der Wohlfahrtsstaat der europäischen Länder.

    Zur Zeit stehen diesem "neuen Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert" in allen europäischen Ländern allerdings grosse Hindernisse entgegen.
    Erstens sehen die einen Vertragspartner, (globale) Gross- oder Monopolunternehmen, keinen Grund zu Verhandlungen. Dies aus zwei Gründen: Zum einen existiert die Gegenseite - Mediengewerkschaften, Rundfunkräte, Bürgerinitiativen - entweder nur in Ansätzen (wie in der Schweiz) und/oder sie hat ihre Arbeit (in der Schweiz, in Deutschland, in Frankreich) auf die klassischen Medien Presse, Radio und Fernsehen ausgerichtet und die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bisher sträflich vernachlässigt. Zum anderen ist - anders als in den USA, wo sog. "Public Interest Groups" (wie Bürgerinitiativen, Non-Profit-Organisationen, Stiftungen) in den letzten zwanzig Jahren machtvolle Positionen aufgebaut haben - nicht absehbar, welche neuen Vertragspartner sich aus der Öffentlichkeit herausschälen könnten. Die Geschichte der Sozialpartnerschaft und des Wohlfahrtsstaates im 20. Jahrhundert macht aber deutlich, dass Sozialpartnerschaft und Wohlfahrtsstaat konjunkturelle Kompromisse permanenter Kämpfe von Vertragspartnern sind, die über eine kritische Masse verfügen müssen, um als Vertragspartner überhaupt zugelassen zu werden.
    Zum zweiten entfällt für einen neuen Gesellschaftsvertrag in Europa die Klammer des Kalten Krieges, der den Sozialstaat wesentlich mit ermöglicht hat.
    Die Folgen dieser beiden Momente sind gegenwärtig in den meisten europäischen Ländern ähnliche: (angekündigte) Aushöhlung, teilweise Aufkündigung von Sozialpartnerschaft und Wohlfahrtsstaat von Seiten der Unternehmer.

    Es stellt sich also eine Reihe ungelöster Fragen, von deren Beantwortung die konkrete Ausgestaltung des neuen Gesellschaftsvertrages für das 21. Jahrhundert abhängen wird. Wie kann angesichts der Schwäche, der Fernsehfixiertheit oder der Inexistenz der einen Seite und der in Angriff genommenen Schleifung des Gesellschaftsvertrages des 20. Jahrhunderts durch die andere Seite auf dessen Basis ein neuer Gesellschaftsvertrag für das kommende Jahrhundert möglich werden? Wer mobilisiert die neuen, transnationalen gesellschaftlichen Kräfte, wer setzt die Schaffung neuer Institutionen und neuer völkerrechtlicher Bestimmungen durch, mit der der Cyberspace in einer neuen, aber qualitativ vergleichbaren Weise regierbar wird, wie der moderne Staat die jeweils territorial begrenzten Gesellschaften regieren konnte?

    Antworten auf einige dieser Fragen zeichnen sich in der Debatte ab, die in den USA um das Internet bzw. den Cyberspace geführt wird, die aber im deutschsprachigen Europa bisher kaum zur Kenntnis genommen wird. Der Einsatz von einem Grossteil von Pornographie-GegnerInnen für die prinzipielle Offenheit des Netzes auch im Falle von harter Pornographie zum Beispiel - in Europa fast nur mit moralischer Entrüstung zur Kenntnis genommen -, macht durchaus Sinn: zum einen als demokratische Abwehr jeglicher Zensur, jeglicher hierarchischen Instanz. In diesem Sinne ist das Chaos des Internet notwendige (wenn auch nicht hinreichende) Voraussetzung für einen egalitären Zugang auf Seiten der BetreiberInnen wie der NutzerInnen. Zum anderen zeigt gerade das Beispiel der Pornographie, aber auch das Scheitern der verschiedenen Bestrebungen von Regierungen im ehemaligen Jugoslawien, die Verbreitung von Gegeninformationen durch das wechselseitige Kappen nationaler Telefonleitungen zu unterbinden (Frauen 1995, S. 568), die immensen Öffentlichkeitspotenzen des Internet: Alles, was über das Internet verfügbar gemacht wird, findet bereits heute real, und nicht nur potentiell (zur Zeit zwischen 45 und 65 Millionen NutzerInnen), eine millionenfache und ,weltweite' Öffentlichkeit. Was die Filmwissenschaftlerin Linda Williams in ihrer grossanglegten historischen Studie über Hard-Core-Filme (Williams 1995) gezeigt hat, gilt auch für das Internet: Das Öffentlichwerden des Privaten und des Heimlichen, "from obscene on scene" (Williams), bedeutet ein Stück Demokratisierung: Was öffentlich gezeigt wird, wird öffentlich diskutierbar, verhandelbar.

    Selbstverständlich bilden die Netze keinen Raum der herrschaftsfreien Kommunikation, sondern sie sind, wie die übrige Gesellschaft und wie an anderer Stelle gezeigt, durchzogen von Macht- und Herrschaftsverhältnissen. Die Inhalte, Widersprüche und Grenzen des wirklichen Lebens sind auch die Inhalte, Widersprüche und Grenzen der virtuellen Realität. Hält man zudem die Vorstellung einer transparenten Gesellschaft, die heute dank der neuen IKT bei vielen Politikern (z. B. Al Gore) und kritischen Medien- und Gesellschaftstheoretikern wie Jürgen Habermas ein Revival erlebt, für unrealisierbar, dann wird die - plurale und unabschliessbare - öffentliche Verhandelbarkeit und Diskussion möglichst vieler Aspekte unserer Gesellschaft zentral. Wenn die Informationsgesellschaft nicht länger durch den Gegensatz privat / öffentlich (vgl. Habermas 1962) charakterisiert ist, sondern durch den Gegensatz geheim /öffentlich , so heisst diesem neuesten Strukturwandel der Öffentlichkeit demokratietheoretisch und -praktisch Rechnung tragen: Öffentlichkeit ist nicht länger der ideal vorgestellte Raum (oder Cyberspace), in den autonome und handlungsfähige BürgerInnen eintreten und argumentativ eine konsensuelle Meinung erarbeiten, noch die durch kommerzialisierte Massenmedien "hergestellte" und damit ihrer Autonomie und Macht beraubten Öffentlichkeit (vgl. Habermas 1962, S231ff.). In der Informationsgesellschaft bedeutet Öffentlichkeit Öffentlichkeiten, die Koexistenz verschiedener Mächte, "Übermächte, Mindermächte, auch gleichstarke Mächte" (Seitter/Maresch 1996, S. 390), die um die nie abschliessbare Grenzziehung des öffentlichen Raumes (Inklusion / Exklusion von Themen, Sichtweisen, Gruppen) kämpfen. ,

    In dieser Situation eines erneuten Strukturwandels der Öffentlichkeit ist auch der Staat existentiell herausgefordert, hat er sich doch historisch mit der bürgerlichen Gesellschaft als Ort und Medium des Interessenkompromisses der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten herausgebildet.

    3.5 Zusammenfassung

    Die Diskussion um die positiven und negativen Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die westlichen Demokratien steckt bisher in Europa noch in in den Kinderschuhen. Die Einschätzungen über die Transformation der bisherigen Demokratieformen schwanken zwischen Entsetzen und Ekstase. Angesichts der wachsenden Kommerzialisierung des Cyberspace ist die Zahl derjenigen am Wachsen, die in der Informationsgesellschaft eine wachsende Bedrohung der Demokratie sehen (Manipulation, Herrschaft einiger Weniger, Entstehung von geschlossenen Intranets usw.). Statt vorschnelle Antworten zu liefern, wurde ein Katalog von Kernfragen erstellt. Die Klärung dieser Fragen erfordert eingehende Untersuchungen und ist für die Ausarbeitung eines neuartigen "Gesellschaftsvertrages für das 21. Jahrhundert" unabdingbar.


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    Der Staat - Reinventing Government?



      In Swiss Economy, this process [to master successfully the transition into the information society, G.S.] has to be performed mostly by enterprises. But there are elements left to the state. Among these are: education, policy of governmental agencies, legislation e.g. to allow for the development of one of the most liberal telcom markets in the world or for a liberal and secure place for electronic markets and alike.
    Beat Schmid in Teil I, Conclusions der vorliegenden Studie

    Den zahlreichen Rufen nach einer Deregulierung [im Bereich der Medien- und Telekommunikationspolitik, G.S.] stehen erst vereinzelt Erkenntnisse gegenüber, dass es eher einer neuen, anderen Regulierung bedarf.
    Ulrich Riehm /Bernd Wingert: Multimedia. Mythen, Chancen und Herausforderungen, 1996

    Schon 1978 prägte er den Begriff Information-Highway (Heinzmann/Lüthi 1996, S. 1). 14 Jahre später trug ihn dieser Begriff - inzwischen hatte er ihn weiterentwickelt zur plakativen Vision eines Amerika, das die "Informationsrevolution" meistert (vgl. Riehm/Wingert 1995, S. 104) - zusammen mit Bill Clinton zum Wahlsieg über die Republikaner. Heute ist der von der Bill Clinton / Al Gore-Regierung eingeschlagene Weg zu einer National Information Infrastructure (NII) auch in Europa in aller Munde. Weniger bekannt ist, dass sich das Selbstverständnis des Staates in den USA, die Rolle, die er sich im Anbruch der CyberModerne mit all ihren Widersprüchen selbst zuspricht, wesentlich von seinem Selbstverständnis in den europäischen Ländern unterscheidet. Die Gore/Clinton-Initiative zielt darauf, demokratische Werte wie Gleicheit, Partizipation, Freiheit und Selbstbestimmung unter den extremen Wettbewerbsbedingungen im Bereich der neuen Informationstechnologien zu bewahren und zu erweitern, und die neuen Medientechnologien einem möglichst grossen Teil der us-amerikanischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Diese bei uns unter dem Schlagwort "Superhighway" oder "Datenautobahn" bekanntgewordene Informations-Infrastruktur sollen vor allem private Unternehmen bauen - Computerindustrien, Telefongesellschaften und Kabel-TV-Betreiber. Aber "der Staat übernimmt" aktiv "die ,symbolic leadership' - er promotet, moderiert, initiiert, sorgt für die Abstimmung von Kooperation und Konkurrenz, die rechtliche Regelung und eben auch dafür, dass die öffentlichen und sozialen Anliegen nicht im Schatten bleiben" (Schmid/Kubicek 1994, S. 714).

    Dass dieser labile Interessenspakt zwischen Staat, Privatwirtschaft und Öffentlichkeit seit 1992 funktioniert, hat drei Gründe. Erstens gibt es für die Informations- und Telekommunikationsindustrie - diesseits der stets auch von ihr emphatisch betonten gesellschaftspolitischen Zielen wie Gleichheit und Demokratie - handfeste ökonomische Interessen für die Förderung öffentlicher Anwendungen von Multimedia etwa in Bibliotheken und Schulen. So hat Pacific Bell wie alle grossen us-amerikanischen Telefongesellschaften erkannt, dass Multimedia - anders als das Fernsehen - aktive NutzerInnen verlangt, die die Computer als Arbeitsstationen für eine Vielzahl von Aktivitäten auch einsetzen. Und daran hapert es bisher selbst in den USA beträchtlich. Eine Folge ist, dass Pacific Bell sich dazu bereit erklärt hat, alle Schulen Kaliforniens kostenlos mit vier ISDN-Anschlüssen auszustatten, die Verkabelung im Haus zu übernehmen und für ein Jahr sämtliche Übertragungskosten zu tragen. Dies geschieht, ohne dass dabei die längerfristigen ökonomischen Ziele verschwiegen werden (Riehm /Wingert 1995, S. 113). Zweitens sind in den obersten Planungsgremien zur NII neben den staatlichen Stellen und privaten Unternehmen auch die alternativen ComputernetzwerkbetreiberInnen und die sogenannten "Public Interest Groups" (z. B. Bürgerinitiativen, Stiftungen, Non-Profit-Organisationen) vertreten. Und drittens nimmt der Staat die ideelle und finanzielle Unterstützung vor allem in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Bürgerinformation (civic networks) ernst und unterstützt dort viele, unterschiedliche Projekte.

    Deutlich wird der soziale Gestaltungswille der amerikanischen Regierung vor allem an der Frage nach dem "Universal Service", der informationellen Grundversorgung der Bevölkerung. "Dabei geht es darum, wie sichergestellt werden kann, dass bei den neuen Informations- und Kommunikationsdiensten die grundlegenden Informationen, die Voraussetzung für eine Teilhabe am öffentlichen Leben und an politischen Entscheidungen sind, unabhängig von Einkommen, Rasse und Wohnort erschwinglich bleiben." (Riehm /Wingert 1995, S. 105) Als ehrgeiziges Ziel nannte Vizepräsident Al Gore 1994 die Vernetzung aller Spitäler, Schulen und Bibliotheken bis zum Jahr 2000 (ebd., S. 104).

    Einen weiteren wichtigen Teilaspekt der NII stellt die NPR (National Performance Review)-Reform der Verwaltung und ihr Umbau in einen unbürokratischen, effektiv arbeitenden Dienstleistungsbetrieb dar. Die NPR-Initiative ist dabei wesentlich vielschichtiger als die europäischen Varianten von "schlankem Staat" oder "New Public Management" angelegt. Unter dem Schlagwort "Reinventing Government" geht es neben Liberalisierung, Rationalisierung und Dezentralisierung "vor allem um eine generelle Diskussion und Neubestimmung von Staatsfunktionen und öffentlichen Aufgaben" ( Riehm/Wingert 1995, S. 105). Selbst wenn - wovon auszugehen ist - die us-amerikanische Initiative bei weitem nicht alles halten wird, was sie an Bescherung für das Gemeinwesen verspricht, "wird sie doch dazu anregen, das Bewusstsein der EntwicklerInnen, AnbieterInnen und NutzerInnen interaktiver Medien für die künftigen medienpolitischen Probleme, sowie die anstehenden Organisations- und Institutionalisierungsfragen neuer Medien zu schärfen" (Schmid/Kubicek 1994, S. 721).

    Vergleicht man demgegenüber die laufenden PTT-Reformen und die Debatten um die Informationsgesellschaft in den einzelnen europäischen Ländern, dann fällt auf, dass sie politisch sehr viel engstirniger geführt werden. Telekommunikationspolitik in Europa ist wirtschaftspolitisch nach wie vor technikfixiert, medienpolitisch unterreflektiert und gesellschaftspolitisch undiskutiert. Die NII ist im Vergleich zu europäischen Konzepten

  • inhaltlich umfassender, weil sie auf alle gesellschaftlichen Bereiche zielt;

  • sie steht in einer historischen Kontinuität und kann an Vorhandenes anknüpfen ;

  • der Politikstil ist selbstbewusster, aktiver und integrativer und

  • die neue, offene und öffentlichkeitswirksame Politik ist institutionalisiert und in diversen Erlassen verankert.
    Im Selbstverständnis der meisten Regierungen und Politiker in Europa dagegen soll der Staat sich auf die Rolle als "Regulator, Educator und Promoter" (Yves Pigneur in der vorliegenden Studie, S. II-22 und II-28) beschränken.

  • Als Regulator hat der Staat den ordnungspolitischen Rahmen für die Informationsgesellschaft zu organisieren. "Hauptaufgabe der Regierungen ist es, Wettbewerb zu gewährleisten" (Bangemann-Bericht1994, S. 8), das meint vor allem, "die Befreiung der Telekommunikationsindustrien von nichtkommerziellen politischen Auflagen und Finanzbelastungen" (ebd., S. 12, 32) zu garantieren.

  • Als Promotor hat er "grosse Anstrengungen" zu unternehmen, "damit die neuen Technologien eine breite Akzeptanz in der Öffentlichkeit finden und tatsächlich genutzt werden" (ebd., S. 6).

  • Als Erzieher hat er seinen Beitrag an der "Vorbereitung der Europäer auf die kommende Gesellschaft" zu leisten, indem er insbesondere die "allgemeine und die berufliche Aus- und Weiterbildung gewährleistet" (ebd.).
    In der Schweiz wird der Staat aufgefordert, seine Regulator-, Educator- und Promoter-Rolle wahrzunehmen, indem er

  • als Promotor eine Vorbildfunktion übernimmt, die IKT im öffentlichen Sektor einführt und so die elektronischen Märkte der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) stimuliert bzw. initiiert,

  • als Regulator den elektronischen Handel von allen bürokratischen und gesetzlichen Fesseln befreit,

  • und als Erzieher die einzelnen Konsumenten und die KMUs auf den elektronischen Markt vorbereitet. (Vgl. Yves Pigneur in der vorliegend Studie, S. II-22 - II-30).
    Was diese Rollenverteilung betrifft könnte sich in der EU ein Umdenken anbahnen. Es wächst allmählich (?) die Erkenntis, dass es heute auch in Europa eher einer neuen Regulierung als einer De-Regulierung bedarf. So kritisiert die "Gruppe hochrangiger Experten" in ihren ersten Überlegungen Eine europäische Informationsgesellschaft für uns alle (Informationsgesellschaft 1996) den Bangemann- Bericht wegen seiner eingeschränkten wirtschaftlichen Orientierung; es würden dort "einige weitergehende Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsbegriff vernachlässigt" (ebd., S. 1). Aus der "verspäteten Erkenntnis dieser Unterlassungssünde" (ebd.) versucht die Gruppe - und das ist neu für ein EU-Gremium -, die Informationsgesellschaft nicht als Selbstzweck zu interpretieren, sondern nach deren gesamtgesellschaftlichem Nutzen und Sinn zu fragen. Weil "diese Gesellschaft auf dem Wissen und den Kenntnissen von Menschen und nicht auf den maschinengespeicherten Informationen aufbauen" wird (ebd., Vorwort), "muss die Informationsgesellschaft so gestaltet werden," so die Perspektive der Gruppe, "dass der einzelne seine Lebensweise auf seine Vorstellungen und Bedürfnisse abstimmen sowie die Kontrolle über sein Leben übernehmen kann" (ebd., S. 37). Als realisierbar dürfte diese Vision einer integralen Informationsgesellschaft sich erst erweisen, wenn auch die EU und die Regierungen ihrer Mitgliedstaaten jene selbstbewusste und offene Politik verfolgen, die für die USA als charakteristisch geschildert wurde. Der Vorsprung der USA in Sachen Informationsgesellschaft besteht nicht so sehr in technischer Hinsicht als im Wissen der amerikanischen Regierung um deren Komplexitätsgrad der CyberModerne. "Revitalisierung" des Staates statt unbeschränkter Liberalisierung, Rückzug aus dem öffentlichen Bereich und "Laissez faire" heisst die Politik der USA. Bis auch in Europa - und in der Schweiz - eintrifft, was ein profunder Kenner und skeptische Analytiker des amerikanischen Weges zur Informationsgesellschaft vermerkt - es "scheint, zusätzlich befördert durch den offenen und integrativen Politikstil, in den USA mittlerweilen ein selbstlaufender Prozess in Gang gekommen zu sein" (Kubicek et al. 1995, S. 45) -, ist es noch ein weiter Weg zurückzulegen.


    5

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    6

    Annex: Prognosen, Perspektiven und Erwartungen zum Multimedia-Markt (1994-2000)



    SCHWEIZ

    Informatik-Markt:
    · Das Gesamtvolumen des Informatikmarktes wird für 1995 auf 9 Mia. Franken geschätzt. (Osterwalder, S. B17)
    PC-Markt:
    · Die Gesamtzahl der PCs beläuft sich zur Zeit auf rund 2,1 Mio., von denen 1,155 Mio. (55%) im Heimbereich installiert sind. Von diesen sind wiederum rund 751'000 PCs (65%) Multimedia-PCs. (Zehnder Digital Medien)
    · Der zur Zeit am schnellsten wachsende Markt ist der Small Office-/Home-Office-Bereich (sog. SOHO-Markt), das heisst der privat und von kleinen Unternehmen genutzte PC-Bereich, auf dem 1995 rund 250'000 Einheiten abgesetzt worden sein dürften. (Meier-Rüegg, S. B4)
    · Zur Zeit besitzt jedes zweite Kleinunternehmen und knapp jeder dritte Haushalt einen PC. Die Schweiz hat damit praktisch die gleiche PC-Dichte wie die an erster Stelle liegenden USA (USA: 29,7, Schweiz: 28,8 pro 100 Einwohner). Bis Ende Jahrhundert soll die gleiche PC- wie Fernsehdichte (1995: 41 pro 100 Einwohnern) erreicht werden. (Meier-Rüegg, S. B4; Jäggi, S. 65)
    CD-Rom-Markt:
    · 1994 wurden 120'000 CD-Roms verkauft, mit denen ein Umsatz von 8,4 Mio. Franken erzielt wurde. 1995 verdreifachten sich Anzahl und Umsatz auf 350'00 verkaufte Exemplare und rund 22 Mio. Franken Umsatz. Für 1996 wird eine weitere Verdopplung erwartet: auf 700'000 bis 1 Million verkaufte CD-Roms und auf 30 bis 50 Mio. Franken Umsatz. (Zehnder Digital Medien)
    · Von den 1995 weltweit produzierten gut 16'000 Titeln stammten rund 50 aus der Schweiz. (Zehnder Digital Medien)
    Videonkonferenzen-Markt:
    · 1994 waren 70 PC-Einheiten mit Videokonferenz-Möglichkeiten ausgestattet, im Jahr 2000 sollen es 5'500 sein. (Revai)

    DEUTSCHLAND

    Beschäftigte in der Multimedia-Branche:
    · 1995: Höchstens 10'000. (Albrecht, S. 22)
    Multimedia- Markt für geschäftliche Anwendungen:
    · Nach Schätzungen der Deutschen Telekom soll der Multimediamarkt für geschäftliche Anwendungen zwischen 1994 und dem Jahr 2000 jährlich durchschnittlich um 76% auf 13 Mia. Mark wachsen. (Bork, S. 61)
    Multimedia-Markt Administration:
    · Für möglicher Einsparungen durch Multimedia stellt Jürgen Kanzow von der Berliner DeTeBerkom GmBH folgende Rechnung an: In der Bundesrepublik arbeiten rund 18 Mio. Menschen in der Administration, jeder dieser Arbeitsplätze kostet durchschnittlich 200'000 DM im Jahr (einschliesslich der MitarbeiterInnenlöhne). Das macht insgesamt 3,6 Billionen Mark, von denen er dank Multimedia rund zehn Prozent - 360 Mia. Mark - für einsparbar hält. (Kanzow, S. 96) Das entspricht ziemlich genau dem Schweizerischen Bruttoszialprodukt von 1994.

    EUROPA

    Multimedia-Einrichtungen:
    · Laut der Prognos AG in Basel soll der Umsatz der Multimdia-Einrichtungen von 1995 bis 2000 von 750'000 DM auf 3 Milliarden DM steigen, laut der Londoner OVUM Ltd von 1 Milliarde DM 1995 auf 8 Milliarden DM im Jahr 2000. (Spiegel, S. 118)
    Multimedia-Markt im Heimarbeitsplatz-Bereich:
    · Die OVUM Ltd veröffentlichte eine Studie nach der 1992 in Europa rund 600'000 MitarbeiterInnen nicht mehr im Betrieb, sondern bei sich zu Hause arbeiteten. Diese Quote werde sich bis zum Jahr 2000 auf 12 Mio. verzwanzigfachen. Die Schaffung dieser Heimarbeitsplätze wird verbunden mit einem geschätzten Hardwaremarkt von 4,6 Mia. Dollar. (Zit. n. Brauner/ Bickmann, S. 47)
    Multimedia-Markt Administration:
    · In der öffentlichen Verwaltung werden für das Jahr 1996 461 Mio. Dollar Investitionen vorausgesagt. Sie wird damit zur drittgrössten Multimedia-Anwendergruppe hinter der Industrie (614 Mio. Dollar) und dem Einzelhandel (519 Mio. Dollar). (Müller, S. 17)

    USA

    Heimarbeitsplätze:
    · 1995: 30 Mio. (Toffler, S. 60)
    Multimedia-User-Markt:
    · Nutzungs-Vorhersagen vernetzter Multimedia-Applikationen für den USA-Markt bis zum Jahr 2000 zeigen Advanced-pay-per-view sowie Spiele und Home-Shopping als die Wachstums-Bereiche, während die in den Geschäftsbereich reichenden Anwendungen wie Videotelefonieren, Videokonferenzen, Joint Editing und ähnliches immer noch unbedeutend bleiben werden. Aber auch Videounterhaltung und Spiele (je ca. 15 Mio. TeilnehmerInnen) und der Home-Shopping-Bereich (10 Mio.) bleiben mit insgesamt 40 Mio. erwarteten NutzerInnen relativ bescheiden, da die kritische Grösse für eine massive Kostensenkung, von der ein quantitativer Durchbruch erwartet wird, bei 50 Mio. NutzerInnen liegt. (Stein, S. 38 und 40)
    CD-Rom Markt:
    · 1994 waren 6% der USA-Haushalte mit CD-Rom-Laufwerken ausgestattet, 1995 verdoppelte sich die Zahl auf 13%. (Revai)

    EUROPA UND USA ZUSAMMEN

    · Die us-amerikanische Unternehmensberatungsfirma Arthur D. Little International schätzt, dass die 1,5 Mia. Dollar Umsatz, die mit verschiedenen Formen von Multimedia-Systemen im Jahre 1994 in Europa erzielt wurden auf über 37 Mia. Dollar im Jahre 2000 anwachsen - sich also verfünfundzwanzigfachen werden. Für die USA lauten die Zahlen: 1,4 Mia. Dollar (1994) und 29 Mia. (Jahr 2000). (Sommerlatte, S. 21f.)
    · 1994 erzielte die Industrie für Informationsinhalte einen Umsatz von schätzungsweise 150 Mia. Ecu in Europa und von 300 Mia. Ecu in den USA. (Haidsiek)

    WELTWEIT

    Multimedia-Markt allgemein:
    · Nach Angaben der internationalen Fernmeldeorganisation ITU hat die Telecomindustrie 1994 über 1,4 Billionen Dollar oder fast 6% der Inlandproduktion der Weltwirtschaft umgesetzt. (Zit. n. Jäggi, S.65)
    · 1995 betrugen die Einkünfte im Multimediabereich 1,46 Mia. Dollar. (Revai)
    · In Japan besteht der nationale Plan, bis zum Jahre 2010 alle Haushalte an ein landesweites Glasfasernetz anzuschliessen; in den USA wird zur Zeit die National Information Infrastructure-Initiative der Gore/Clinton-Regierung mit privaten Investitionen in Milliardenhöhe vorangetrieben. (Sommerlatte, S. 23)
    · Nach Gebhard Ziller, Staatssekretär im Bundesinnenministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie in Bonn, ist weltweit bereits heute die Informations- und Medienwirtschaft neben der Tourismusbranche der grösste Wirtschaftszweig. Die gegenwärtigen Steigerungsraten lassen eine Verdoppelung seines Umfangs in den nächsten zehn Jahren erwarten. (Ziller, S. 8)
    Internet-Markt:
    · 1995 betrug der Gesamtumsatz im Internet 1 Milliarde Dollar, für das Jahr 2000 wird eine Verneunfachung auf 9 Milliaren Dollar prognostiziert. (Spiegel, S. 117f.)
    · 1996 sollen private Firmen rund 4,8 Milliarden Dollar in Firmen rund ums Internet investieren. (Spiegel, S. 117f.)
    · 2000 sollen mindestens 200 Milliarden Dollar beim elektronischen Shopping im Internet umgesetzt werden. (Spiegel, S. 117f.)
    Rechner-Hardware-Markt:
    · Anfang 1994 besass China 2 Hosts, im Mai 1996 2'500. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl Hosts in Argentinien von 1 auf 5'312 und in Japan von 32'267 auf 269'327 ehöht. (Schiller)
    CD-Rom-Markt:
    · Gemäss der Future Group, einem Zusammenschluss von 12 Unternehmen aus der Computer-, Film-, Fernseh- und Werbebranche, soll sich die 1994 weltweit verkaufte Zahl von 10 Mio. Laufwerken und von 7,5 Mio. CD-Rom-Titeln bis 1998 auf 30 Mio. Laufwerke und 90 Mio. CD-Rom-Titel verdrei- bzw. verzwölffachen. (Bork, S. 61)
    · Die IMA (Interactive Multimedia Association). schätzt die Zahl der 1996 verkauften CD-Roms auf 32,9 Mio., die einen Gewinn von 1,4 Mia. Dollar erbringen, für 1997 wird ein Gewinn von 8 Mia. Franken erwartet. (zit. n. Revai)
    · Nur 6% der verkauften CD-Roms werfen heute Gewinn ab. Der Hauptgrund: Viele CD-Roms werden als defekt zurückgebracht. Meist stellt sich dann heraus, dass die Kunden das falsche System gekauft haben. (Revai)
    · 1994 liefen 74% aller CD-Rom-Laufwerke mit 4facher Geschwindigkeit, für 1998 werden 80% mit 6-8facher Geschwindigkeit prognostiziert. (Revai)
    Videokonferenzen-Markt:
    · Henrique Malvar von der britischen PictureTel Cop. sieht, anders als Stein (siehe "USA, Multimedia-User-Markt"), den Markt für Videokonferenzen stark anwachsen: innerhalb der nächsten vier Jahren von weltweit 700 Mio. Dollar (1994) auf 7 Mia. Dollar (1998). (Malvar, S. 70)
    Mobiltelefon-Markt:
    · 1994 kauften sich weltweit 20 Mio. Menschen ein Funktelefon. (Jäggi, S. 65)

    Quellen
    Albrecht, Harro: Auf zu neuen Horizonten. In: Spiegel special (Thema: Abenteuer Computer. Elektronik verändert das Leben), Nr. 3/1995, S. 21f. / Bork, Uwe: Von Märkten und Mäusen. In: NZZ, 25.8.1995, S. 61. / Brauner, Josef / Bickmann, Roland: Die multimediale Gesellschaft. Frankfurt, New York 1994. / Haidsiek, Birgit: Zur Belebung des europäischen Datenhighways. Das Multimedia-Förderungsprogramm "Info 2000" der EU. In: NZZ, 14.6.1996, S. 65f. / Jäggi, Walter: Weltschau der Telekommunikation. In: Tages-Anzeiger, 5.10.1995, S. 65. / Kanzow, Jürgen: Multimedia-Kommunikation in Administrationen. In: Neue Märkte, S. 96ff. / Malvar, Henrique S.: VideoPhone and Videoconferencing. In: Neue Märkte, S. 69ff. / Meier-Rüegg, Eric: Boomender SOHO-Markt. Immer weniger Berührungsängste der Haushalte. In: NZZ, 19.9.1995, Beilage zur "Orbit", S. B4. / Müller, Wolfgang: Multimedia. Interaktive Medien in Städten und Gemeinden. Düsseldorf 1993. / Neue Märkte = Neue Märkte durch Multimedia. New Markets with Multimedia. Hrsg. v. Jörg Eberspächer. Berlin, Heidelberg 1995. / Osterwalder, Gebhard: Informationen über Informationstechnologien. In: NZZ, 19.9.1995, Beilage zur "Orbit", S. B 17. / Revai, Peter (Zeitschrift Computerworld): Mündliche Information, 13.6.1996. / Schiller, Dan: Wer besitzt und wer verkauft die neuen Territorien des Cyberspace? In: Le Monde Diplomatique / WoZ, Mai 1996, S. 4f. / Sommerlatte, Tom: Neue Märkte durch Multimedia. Chancen und Barrieren. In: Neue Märkte, S. 16ff. / Spiegel = Goldgräber im Cyberspace. In: Spiegel, Nr. 12/1996, S. 116ff. / Stein, Karl-Ulrich: Multimedia: Welches Szenario bringt den Durchbruch? In: Neue Märkte, S. 36ff. / Zehnder Digital Medien, ZDM: Fax-Mitteilung vom 14.6.1996 / Ziller, Gebhardt: Multimedia-Anwendungen in Deutschland. Förderpolitsche Aspekte. In: Neue Märkte, S. 1ff.


    (Erschienen, als kritische Einbettung, unter dem Titel: Arbeitswelt, Demokratie, Staat - einige Problemfelder im politischen und sozialen Umfeld elektronischer Märkte. In: Beat Schmid, Yves Pigneur, Giaco Schiesser: Electronic Markets: Importance and Meaning for Switzerland. Bern: Schweizerischer Wissenschaftsrat, SWR, 1996 = Technology Assessment, TA, 23/1996).